Ausgezeichnetes in der Hörspiel-Galerie

Best of Hörspiel

Das "Hörspiel des Jahres"? Ja - wie beginnen? Am besten: am Anfang. Also zurück ins Jahr 1993.

Da war zunächst die Tatsache, dass ein radiophoner Schatz in Form tausender Hörspiele im Archiv des Wiener Funkhauses und in den ORF Landesstudios lagerte, ein Schatz, der seit Kriegsende 1945 Jahr für Jahr durch Neuproduktionen vermehrt wurde - und wird -, an dem sich gesellschaftlicher, historischer und literarische Wandel ablesen lässt. Die Hörspiele widerspiegeln aber auch sprechtechnische und dramaturgische Entwicklungen sowie Radio-ästhetische und aufnahmetechnische Innovationen.

Bei den Überlegungen zur Wahl eines "Hörspiels des Jahres" tauchte unter anderem auch die Frage auf, wie österreichische Hörspiel-Produktionen beim Publikum überhaupt ankommen. Zwar langten hie und da Postkarten oder Briefe in der Redaktion ein, die Gefallen oder Missfallen an einzelnen Produktionen kundtaten, aber diese wenige Post sagte über die Publikumswirksamkeit dieser besonderen Sparte akustischer Literatur wenig aus. Warum also nicht das Hörer/innen-Publikum - als eine Art Gradmesser - darüber entscheiden lassen, welche Hörspiel-Neuproduktion den meisten Anklang gefunden hat?

Die Entscheidung sollte dann im Rahmen einer öffentlich zugänglichen "Langen Nacht des Hörspiels" im Wiener Funkhaus bekannt gegeben werden. Zudem würde eine derartige Veranstaltung dem Publikum die Möglichkeit bieten, Hörspielmacher/innen, Schauspieler/innen, Regisseur/innen und Mitarbeiter/innen der Hörspielabteilung persönlich zu erleben, nicht nur als Stimmen aus dem Äther.

Als Premiere dieser Aktion sollte über die österreichischen Hörspiel-Neuproduktionen des Jahres 1993 abgestimmt werden. Ein erster Indikator für eine positive Akzeptanz war - zur freudigen Überraschung aller - die unerwartet große Beteiligung an der Abstimmung. Am 17. Jänner 1994 war es dann so weit: Im Studio 3 des Wiener Funkhauses fand die erste "Lange Nacht des Hörspiels" statt, und der Publikumsandrang war groß. Die Wahl zum "Hörspiels des Jahres 1993" war auf Michael Köhlmeiers Theorie der völligen Hilflosigkeit gefallen. Seit damals wurde der Titel "Hörspiel des Jahres" 19 Mal verliehen.

Die prämierten Arbeiten verdeutlichen die Vielfalt und die breite Gestaltungspalette des Genres Hörspiel - vom Monolog bis zu Arbeiten mit zahlreichen Rollen, von Arbeiten, die durch die bloße Stimm- und Interpretationskunst der Schauspieler/innen leben, und solche, in denen Stimme, Klänge und Musik ineinander übergehen und ein harmonisches Ganzes ergeben.

Aus den prämierten Arbeiten wurden für die Ö1-Hörspiel-Sommerserie im Juli und August acht repräsentative Beispiele ausgewählt: von Monika Helfer, Chris Pichler, Nava Semel, Ödön von Horvath, Wolf Haas, Thomas Bernhard, Michael Köhlmeier und Felix Mitterer. Aber - um Missverständnissen vorzubeugen - es werden auch die restlichen ausgezeichneten elf Stücke in absehbarer Zeit wiederholt werden.