Die Städtereise auf den Spuren des Jazz geht weiter

Klingende Skylines

Im Sommer vor drei Jahren ließen wir einen Versuchsballon steigen und einmal rund um die Erde segeln. "Wie klingt Kapstadt? Wie klingt Dakar, Buenos Aires oder Sydney?", fragten wir. Jetzt geht die Reise weiter.

Nicht Geräusche aus den neun Weltstädten waren gemeint, sondern ob und wie die Orte - ihre Stimmungen, Architektur, Geschichte, soziale Zusammensetzung und Geografie - sich in Musik niederschlagen. Oder exakter, in Jazz - also in jener Musikform des 20. und 21. Jahrhunderts, die zwar von einem spezifischen Ort ausgegangen ist (New Orleans), aber inzwischen längst zu einem internationalen Medium geworden ist. Kann man zu Beginn des dritten Jahrtausends erwarten, in der Weltsprache Jazz auf lokale Dialekte, wenigstens Färbungen zu stoßen? Noch, oder sogar vermehrt …?

Noch eine Schwierigkeit stellt sich bei so einem Vorhaben: Nur selten hat Musik ein klar definiertes Thema.

Das gilt zweifellos für den Jazz: Stücke "über" etwas sind in der Minderzahl; Kompositionen und Improvisationen beziehen sich typischerweise auf andere Musik, wenn beispielsweise Standards variiert werden. Und ein drittes Handicap: Stücke, die wirklich von konkreten Ereignissen, Personen oder, in unserem Fall, Städten inspiriert sind, tragen das oft nicht im Namen. Oder die Titel beziehen sich auf Dinge, die für Außenstehende nicht gleich einer Stadt zuzuordnen sind: die Jacaranda-Bäume einer Straße, ein Stadttor, ein Café …

Kurz und gut: Wir wurden überraschend oft fündig. Hinweise kamen von örtlichen Kenner/innen der Szene, Jazzfans, Autor/innen, viele Hintergründe erfuhren wir von Musiker/innen selbst: die Geschichten hinter dem einen oder anderen Stück. Anderes konnten wir der Literatur entnehmen, jazzhistorischen Darstellungen oder Biografien. Am Ende ergaben sich neun sehr unterschiedliche Bilder, Klänge als Abbilder ihrer Städte, jedes Mal unverwechselbar.

In diesem Sommer brechen wir wieder auf - diesmal mit mehr Zeit, einer knappen Stunde statt einer halben pro Stadt. Vier Destinationen, die uns letztes Mal besonders fasziniert haben, wollen wir wieder aufsuchen: Tokio, Sydney, Bagdad und Dakar.

Fünf Ziele sind dazu gekommen. Berlin, seit der Wende ein Versuchslabor zeitgenössischer Kunst. Chicago, das schon einmal Hauptstadt des Jazz war und seinen Platz neu definiert. Rio de Janeiro, dessen Pulsschlag die Musik der Welt immer wieder belebt hat. Kairo, die Metropole der arabischen Welt, die vor anderthalb Jahren zu einem Mittelpunkt des Weltgeschehens wurde. Und zuletzt Stockholm, die Stadt im Norden, die vielen Jazzmusikern zur Heimat geworden ist und sie zu Kompositionen inspiriert hat.