Familiengeschichten
styriarte 2012
Viele der Harnoncourtschen Familiengeschichten - traurige, fröhliche, ernsthafte, mitreißende - werden im Rahmen der Styriarte 2012 musikalisch zu erleben sein; Geschichten von Herrschern, Künstlern, von Komponisten.
8. April 2017, 21:58
Nähert man sich auf der Radlpass-Straße der Gemeinde Stainz, in jenem steirischen Landstrich, in dem die Blaue Wildbacher Rebe zum roséfarbigen Schilcher kultiviert wird, steht auf dem Rosenkogel das Tal beherrschend das Schloss Stainz; eigentlich ein Augustiner-Chorherrenstift, das Erzherzog Johann 1840 erworben und gerettet hat.
In der in das Schloss integrierten Kirche mit ihrer barocken Ausstattung finden seit 23 Jahren die Kirchenkonzerte der Styriarte statt, im Rahmen derer Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus musicus und dem Arnold-Schoenberg-Chor geistliche Werke von Purcell, Händel, Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert aufgeführt hat und aufführt.
Eine Begegnung mit der Familiengeschichte
Für den österreichischen Dirigenten bedeuten die Konzerte in Stainz eine Begegnung mit seiner Familiengeschichte, wurde seine Mutter, Ur-Enkelin von Erzherzog Johann, doch hier geboren und hat hier auch gewohnt. Nicht weniger präsent ist die Harnoncourtsche Familiengeschichte, sind die Familienbande, in Graz, wo Nikolaus Harnoncourts Brüder leben. In das Gebäude, in dem er als Kind mit seinen Geschwistern gespielt und Stücke seines Vaters musiziert hat, das Palais Meran, ist vor Jahrzehnten die Grazer Kunstuniversität eingezogen.
Im zehn Minuten Fußweg entfernten Dom, Kathedrale und Bischofskirche der Diözese Graz-Seckau, hat der Musiker vor 59 Jahren Alice Hoffelner geheiratet. Der Hochzeitstag der beiden fällt alljährlich in die Zeit der Styriarte. Zudem bedeutet die Realisierung der Harnoncourtschen Projekte beim steirischen Musikfestival immer wieder eine Begegnung mit den Kindern oder Enkelkindern.
Das Oberhaupt einer großen Familie
Zur Familie der Harnoncourts gehören seit der Gründung auch die Mitglieder des Concentus musicus Wien. Die Kinder des Ehepaares sind gleichsam mit den Instrumenten der Harnoncourtschen Sammlung als Geschwister aufgewachsen.
Seit 1985 ist Nikolaus Harnoncourt sozusagen Oberhaupt der Styriarte-Familie; mit Bruder Jordi Savall oder Bruder Ton Koopman, Sohn Pierre-Laurent Aimard, Schwager Erwin Ortner und seiner großen vokalen Nachkommenschaft vom Arnold-Schoenberg-Chor, seinen "wilden Enkeln" vom Ensemble "Il giardino armonico" oder Familie Kopachinsky vom osteuropäischen Zweig der Familie.
Osteuropäische Wurzeln
Die Affinität Harnoncourts zum Osteuropäischen, im Speziellen zur böhmischen Musik, wie er in den letzten Jahren durch die Beschäftigung mit Smetanas Werken "Má vlast" und "Die verkaufte Braut" unter Beweis gestellt hat, kommt nicht von Ungefähr, stammt doch sein Großvater aus Prag. Und so war eine Auseinandersetzung mit einem großen Werk Dvořáks, mit seiner "Stabat mater"-Vertonung fast schon vorprogrammiert.
Drei Mal wird der Dirigent dieses vokale geistliche Werk vor dem Styriarte-Publikum ausbreiten; Musik, die aus einer tragischen Familiengeschichte heraus entstanden ist. Und wenn man das Festivalprogramm genau studiert, wird man etwa auch Nikolaus Harnoncourt als Leopold Mozart entdecken können.