Zypern: Verflechtung mit Russland
Das EU-Vorsitzland Zypern braucht Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds. Wie viel ist noch unklar, denn Zypern hat eine zweite Option. Russland soll bereit sein, Hilfe zu leisten. Denn für Russland ist Zypern eine zentrale Finanzdrehscheibe. Zahlreiche russische Firmen haben sich hier angesiedelt und wickeln steuerschonend Geschäfte ab. Würden Zyperns Banken krachen, hätte das auch für die russische Wirtschaft schmerzliche Folgen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 7.7.2012
Aus Nikosia,
Geschäfte mit russischer Aufschrift
Strandpromenade Limassol, Südzypern. Aus den Lautsprechern dröhnt es nicht griechisch sondern russisch vom örtlichen Radiosender russian wave. Die Sonne brennt an diesem Julitag vom Himmel und ein Geschäft lockt mit kyrillischer Schrift die Kundschaft zum Pelzkauf.
Wo es Russen gibt, werden auch Pelze verkauft, erklärt uns der Inhaber, der nicht vors Mikrofon gehen will. Und wenn das stimmt, dann hat er hier eine große, eingeschworene Klientel: „Ich will russisch sprechen. Englisch kann ich nicht so gut und griechisch schon gar nicht“.
Russische Gelder seit 20 Jahren
Larissa ist seit sechzehn Jahren in Zypern und hat ein Lebensmittelgeschäft mit russischen Delikatessen: „Da geht es gar nicht so sehr ums Geschäft. Da geht es um unsere russische Familie auf Zypern“.
Die Familie zählt mittlerweile mehr als 50.000 Mitglieder und die südzypriotische Hafenstadt Limassol ist ihr Zentrum. Bald nach dem Ende der Sowjetunion haben russische Geschäftsleute Zypern als Parkplatz für ihre ersten verdienten Millionen entdeckt. Nach der Herkunft des Geldes hat damals hier niemand gefragt.
Attraktiver Finanzplatz
Heute steht Zypern nicht mehr auf der schwarzen Liste der Geldwäscher. Was aber nicht viel bedeuten muss, sagt Evgeniy Volosiuk, Manager einer Tochtergesellschaft einer russischen Bank: „Bevor Zypern bei der EU war, war es leichter, Geld zu verstecken. Jetzt gibt es strengere Gesetze, aber natürlich ist es möglich und die Zyprioten kennen die Schlupflöcher sehr genau“.
Ein Milliardenkarussel ist es geblieben. Zypern lockt mit den niedrigsten Unternehmersteuern in der EU. Für Dividenden oder Zinsgewinne muss man gar nichts zahlen. Und wer seine Gewinne steuerfrei aus der EU rausbringen will, der macht das am besten über Zypern. Tausende Briefkastenfirmen haben sich hier angesiedelt, die kleine Insel ist zu einem der größten Auslandsinvestoren Russlands geworden. „Das wichtigste sind die Steuern. Und wenn das Geld einmal hier ist, kann man es überall steuerfrei wieder investieren“.
Zypern in Nöten
Der zypriotische Finanzsektor ist aufgebläht. Und jetzt droht wegen des Engagements im Pleitestaat Griechenland der Absturz. Finanzhilfen der EU könnten an Forderung nach Steuererhöhungen gebunden sein, fürchten die Zyprioten. Nicht hinnehmbar, sagt Andreas Theophanous vom Zentrum für Europäische und Internationale Angelegenheiten: „Zypern hat Geld mit den niedrigen Steuern angezogen und die wollen wir auch beibehalten. Denn es ist klar, wenn dieses Land international bestehen will und sein Potenzial ausschöpfen soll, dann sind die niedrigen Steuern ein zentraler Punkt“.
Doch Zypern baut ohnehin auf eine zweite Option. Russland hat die Insel schon im Vorjahr mit einem günstigen Milliardenkredit vor dem Bankrott gerettet. Jetzt hat die zypriotische Regierung noch einmal um fünf Milliarden angesucht.