Science-Thriller von Marc Elsberg

Blackout

Das Stromnetz ist wie der Blutkreislauf eines Menschen. Bloß verfügt es nicht über ein sondern über mehrere Herzen. Die Herzen des Stromnetzes sind die Kraftwerke und die verschiedenen Leitungen können mit menschlichen Gefäßen verglichen werden. So wie der Blutkreislauf, so wird auch das Stromnetz von den Menschen als eine Selbstverständlichkeit empfunden. Was aber passiert, wenn der Strom ausfällt?

"Sobald der Strom ausfällt, fällt fast alles andere auch aus", sagt Marc Elsberg. "Es fallen sofort alle Kommunikationsmittel aus, Fernsehen, Internet, Telefon, Mobiltelefon - bis zu dem Radio, das man zwar noch senden kann, das aber nur noch die Leute, die ein batteriebetriebenes Radio haben, hören können. Es fallen öffentliche Verkehrsmittel aus, Züge natürlich, es fällt alles aus, was mit der Lebensmittel- und mit der Wasserversorgung zu tun hat – auch die Wasserentsorgung. Man kann zum Beispiel nicht mehr aufs Klo gehen, weil der Spülkasten nicht mehr befüllt wird.

Aus unser aller Abhängigkeit vom Strom entwickelt Marc Elsberg auf satten 800 Thriller-Seiten ein spannendes Szenario. Fast alle Aspekte, die mit einem Blackout verbunden sind, verdeutlicht er. Persönlichkeiten, die für die Organisation unserer Gesellschaft stehen, rückt er ins Zentrum der Handlung. Elsberg hat gründlich recherchiert und seine Phantasie immer wieder gestrengen Prüfungen unterzogen.

"Zufällig wurde, gerade als ich relativ fertig war mit dem Text, in Deutschland eine Studie veröffentlicht, die im Auftrag des deutschen Bundestages veröffentlicht wurde, die zum ersten Mal in großem Umfang wissenschaftlich untersucht hat die Folgen eines langanhaltenden großflächigen Stromausfalls in Deutschland, die meine Recherchen im Wesentlichen bestätigt hat und von der noch das eine oder andere Detailergebnis in den Text einfließen konnte", erinnert sich der Autor. "Diese Studie liebe ich, weil wenn heute jemand sagt, das, was der Elsberg da schreibt, ist Panikmache und das ist alles an den Haaren herbeigezogen, brauche ich eigentlich immer nur sagen, schauen Sie mal nach in der Studie vom Deutschen Bundestag auf Seite xy: Der Herr Elsberg ist manchmal sogar harmlos in seinen Ausführungen."

Harmlos sind Elsbergs Ausführungen beileibe nicht. Schon in den ersten Tagen des Stromausfalls zeigt sich der Mensch als Wolf. Die Situation eskaliert von Tag zu Tag.

Miteinander vernetzt

Elsberg geht es aber auch um Aufklärung, er lässt den Blackout von Italien und Schweden ausgehen, weil in diesen Staaten bereits flächendeckend sogenannte Smart-Meter als Stromzähler eingeführt sind, die ein Einfallstor für Hackerangriffe bieten. Mit der zunehmenden Verknüpfung der Stromnetze steigt die Gefahr eines Blackouts.

"Es gibt ja heute in Wahrheit kein österreichisches oder deutsches Stromnetz mehr, die sind schon so verknüpft, dass zum Beispiel der Ausfall einer großen Schweizer Leitung im Jahr 2003 ganz Italien für einen Tag lang ins Dunkel gestürzt hat", erzählt Elsberg. "Oder dass der Ausfall einer deutschen Leitung im Jahr 2006 beim Überführen eines Kreuzfahrtschiffes aus einer Werft in den Hafen halb Mitteleuropa für ein paar Stunden ins Dunkel geworfen hat."

Technische Informationen für Laien aufbereitet

Örtlich changiert die Handlung von Blackout zwischen einem Hüttendorf in Österreich und der Europol-Zentrale in Den Haag, sie führt nach Mailand, Berlin und Paris. Geglückt ist die Vermittlung der notwendigen technischen Informationen, sie kommen knapp und präzise mit den Ereignissen einher.

"Der Science-Thriller ist ja ein eigenes Genre, man denke an einen Michael Crichton oder Frank Schätzings 'Schwarm' vor einigen Jahren, man hat ja solche Dinge auch gelesen und hätte an manchen Stellen gern mehr gewusst, oder hat sich gedacht, naja, das war mir jetzt ein bisschen zu ausführlich, da leidet der Spannungsbogen der ganzen Geschichte darunter", meint Elsberg. "Wo ich ein bisschen zu verliebt in meine Recherchen war, hat dann eben meine Lektorin eingegriffen und hat gesagt: Du, das ist jetzt ein bisschen zu viel, mach ein paar Links im Internet und führ das dort aus, aber im Buch müssen wir da ein bisschen kürzer werden. Das hab ich dann auch gemacht."

Marc Elsberg twittert. Auf Facebook und anderen Internet Plattformen stellt er die weiterführenden Informationen zum Buch, zu seinen Recherchen und zum Thema Energie: "Das sehe ich als Aufgabe des Autors oder der Autorin von solchen Romanen an, dass er die Sprache der Experten übersetzt in Verständlichkeit für die Leserinnen und Leser. Während ich mit den Experten gesprochen habe, habe ich denen ja oft zwei, drei Mal sagen müssen, das erklär mir jetzt noch mal, damit ich es verstehe, und wenn ich es einmal verstanden habe, dann kann ich es vielleicht so erklären, dass es auch meine Mutter versteht oder meine Schwester oder mein Neffe versteht, mein 15-jähriger. Wenn es die verstehen, dann glaube ich, habe ich es so geschrieben, dass es sinnvoll ist."

Von der Realität eingeholt

Eine Schlüsselszene des Romans wurde inspiriert von einem Pulitzerpreis-ausgezeichneten Artikel aus der "New York Times". Der Artikel beschreibt die Ereignisse in einem Krankenhaus nach dem Hurricane Katrina in New Orleans. "Diese tatsächlich sehr gefühlsbetonte Szene sollte tatsächlich zuerst sogar hinausfliegen. Da hat es geheißen, die macht jetzt noch einmal einen Aspekt auf und noch einmal ein neues Fass auf und ist außerdem ein unendlich heikles Thema. Es geht um Sterbehilfe. Ich habe dann darauf bestanden, dass sie drinnen bleibt", so Elsberg.

Insgesamt vier Jahre lang arbeitete Marc Elsberg an "Blackout". Die ersten hundert Seiten schrieb er drei Mal, bis die ursprünglich geplante Hauptfigur nur mehr als eine kleine Nebenfigur übrigblieb. Erst in der dritten Version der ersten hundert Seiten kristallisierte sich die spätere Hauptfigur heraus.

Beim Schreiben wurde der Autor auch mehrmals von der Realität eingeholt. Einen Angriff auf die Steuerungssysteme von Kraftwerken, den er sich für das Buch ausgedacht hatte, hielten die Fachleute, mit denen er sprach. für unmöglich, bis Stuxnet kam, der Angriff auf eine iranische Atomanlage. Und dann kam Fukushima.

"Das war einschneidend", sagt Elsberg. "Hat mir, da ich ohnehin schon Vorfälle in Atomkraftwerken vorgesehen hatte, zwar nur noch Details dazugeben können, war aber insofern erschreckend, als die Dinge, die ich mir ausgedacht habe, eingetreten sind, bevor das Buch erschienen ist. Ich hoffe auch, dass es damit genug ist, mit Einholen durch die Realität. - Also mir reicht's zumindest!"

Service

Marc Elsberg, "Blackout. Morgen ist es zu spät", Blanvalet Verlag

Blanvalet - Blackout
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