Bankenabsprachen: EU will durchgreifen

Im Skandal um Zinsmanipulationen durch Großbanken will die EU nun schärfer vorgehen. Seit dem Vorjahr untersucht die EU-Kommission zahlreiche Banken. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia spricht jetzt vom herausragendsten Fall illegaler Marktabsprachen, die viele Finanzgeschäfte beeinflusst haben. Er will einen grundlegenden Wandel des Bankensektors.

Mittagsjournal, 13.7.2012

Aus Brüssel,

Großbanken im Visier der EU

Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia ist gefürchtet. Sein Bereich gehört zu den durchschlagskräftigsten in der EU. Jetzt nimmt der Kommissar eine Konferenz über Wettbewerb in Lissabon zum Anlass, um den Großbanken die Rute ins Fenster zu stellen. Die Zinsmanipulationen seien schockierend sagt Almunia. Wenn die Untersuchungen der Kommission den Verdacht bestätigen, werde man die nötigen Maßnahmen setzen, um den ganzen Bankensektor umzuwälzen.

Manipulationen des Libor

Untersuchungen zu Kartellen und Marktabsprachen dauern oft Jahre. Dafür sind auch die Strafen geschmalzen. Und bei den Untersuchungen zur Manipulationen der Leitzinssätze ist man relativ weit. Die britische Großbank Barclays hat bereits zugegeben, an Manipulationen des Libor beteiligt gewesen zu sein. Beim Libor melden sechzehn internationale Großbanken täglich, zu welchem Zinssatz sie von anderen Banken Geld bekommen. Daran orientieren sich die Zinsen zahlreicher anderer Finanzprodukte. Geschäfte über 20 Billionen Dollar waren 2011 von den Leitzinssätzen abhängig, darunter die von Banken, Industrieunternehmen und Pensionsfonds, sagt Wettbewerbskommissar Almunia.

Er untersucht auch die Banken, die an der Festsetzung des Europäischen Pendants zum Libor, des Euribor beteiligt sind. Darunter sind auch die österreichischen Banken Erste und Raiffeisen Bank International sowie die Bank Austria-Mutter UniCredit. Erste und Raiffeisen haben bereits betont, dass sie immer korrekte Zinssätze gemeldet haben.

Zinsen zu niedrig angegeben

Die verdächtigten Banken sollen zu niedrige Zinssätze an die Meldestelle durchgegeben haben. Das freut Kreditnehmer, deren Zinsen sich am Leitzinssatz orientieren. Für die Banken aber eine Lappalie, haben sie durch niedrigere Zinsen bei anderen Finanzgeschäften doch gleichzeitig Milliarden abgecasht.

Die britische Barclays musste bereits im Juni fast eine halbe Milliarde Dollar Strafe zahlen. Anderen Banken drohen ähnlich hohe Sanktionen. Die Folgen möglicher Schadenersatzklagen sind noch gar nicht absehbar.

Warnungen nicht ernst genommen

Dabei dürften die Fehler im System durchaus bekannt gewesen sein. Der heutige Finanzminister Timothy Geithner soll als früherer New Yorker Regionalchef der US-Zentralbank bereits vor vier Jahren auf die Anfälligkeit des Systems für Manipulationen hingewiesen haben. Die angesprochene britische Notenbank hat allerdings nicht reagiert.