Religöse Beschneidung nicht strafbar
Keinen rechtlichen "Graubereich" - und schon gar keine strafbare Handlung sieht ein Experte der Universität, Wolfgang Wieshaider, bei der Beschneidung von Buben im Kindesalter aus rein religiösen Gründen, ohne medizinische Indikation. In Deutschland ist ja darüber eine Debatte entbrannt - und auch in Österreich macht die "Initiative gegen Kirchen-Privilegien" jetzt mobil.
23. November 2023, 15:32
Mittagsjournal, 18.7.2012
Keine Geheimpraktik
Alles, was Rang und Namen hat, vom Bundespräsidenten abwärts, war versammelt, am 29. Juni im Wiener Rathaus, um 100 Jahre Islamgesetz zu feiern. Deutlicher kann die Republik nicht demonstrieren, dass Musliminnen und Muslime die volle Freiheit der Religionsausübung genießen. Da will auch der Experte für Recht und Religion, Wolfgang Wieshaider von der Universität Wien, nicht widersprechen. Und die Beschneidung basiere auf religiösen Traditionen sowohl im Judentum als auch im Islam sei keine Geheimpraktik, seit Alters her bekannt und von der Rechtsordnung unter Abwägung der grundrechtlichen Positionen toleriert worden. Und was nicht verboten ist, ist erlaubt. So funktioniert ein Rechtsstaat.
Von Gesetzgeber berücksichtigt
Doch Kein Grundrecht gilt schrankenlos. Bei der weiblichen Genitalverstümmelung zum Beispiel, selbst wenn sie irgendwie religiös argumentiert sein sollte, habe der Gesetzgeber erst 2001 festgelegt, dass eine Einwilligung in die weibliche Genitalverstümmelung in keiner Weise die dadurch vorgenommene Körperverletzung rechtfertigen würde. Anlässlich dieser Novelle habe der Gesetzgeber klargestellt, dass sich durch für die männliche Beschneidung nichts ändert.
"Nicht strafbar"
Die Entfernung der Vorhaut beziehungsweise eines Teils davon mag also objektiv eine Körperverletzung darstellen - trotzdem lautet Wieshaiders Fazit: " Die Rechtslage ist eindeutig: Das Tatbild des Paragrafen 83 Strafgesetzbuch mag erfüllt sein, aber eine Einwilligung durch die Eltern ist rechtfertigend und daher ist eine Beschneidung aus religiösen Gründen nicht strafbar." Also keine Fragezeichen und kein Graubereich - betont der Experte für Recht und Religion, Wolfgang Wieshaider.