Invaliditätspension: Die Reform im Detail

Die befristete Invaliditätspension wird zu Gänze abgeschafft. Im Gegensatz zu den bisherigen Plänen, die eine Abschaffung nur für die unter 50-Jährigen vorsahen, wird sie nun ab 2014 für alle vorübergehend Arbeitsunfähigen auslaufen. Das sieht der Begutachtungsentwurf zur Neuregelung der Invaliditätspensionen vor, den Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Dienstag zur Begutachtung ausgeschickt hat.

Mittagsjournal, 24.7.2012

Geld für Rehabilitation

Ist jemand vorübergehend invalide oder so schwer krank, dass er vorübergehend nicht arbeiten kann, erhält er ein Rehabilitationsgeld und soll wieder in den Arbeitsprozess integriert werden. Wer seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann, wird umgeschult und bekommt ein Umschulungsgeld. Nur bei dauerhafter Invalidität oder wenn eine Umschulung nicht zweckmäßig oder zumutbar ist, wird weiterhin eine Invaliditätspension gewährt. Ist jemand vorübergehend invalide oder so schwer krank, dass er vorübergehend nicht arbeiten kann, erhält er nach dem Krankengeldanspruch von der Krankenkasse ein Rehabilitationsgeld in der Höhe des Krankengeldes. Dabei handelt es sich um eine Art verlängerten Krankengeldanspruch, wobei die Höhe wie beim erhöhten Krankengeld 60 Prozent des Letztbezuges ausmacht. Das Rehab-Geld wird zwar grundsätzlich nur für ein Jahr gewährt, der Bezug kann jedoch verlängert werden. Verweigert die betreffende Person ihr zumutbare medizinische Rehab-Maßnahmen, so ist das Rehab-Geld "für die Zeit der Verweigerung der Mitwirkung zu entziehen". Die Kosten des Rehab-Geldes werden den Krankenkassen von der PVA ersetzt.

Umschulung statt Invalidität

Wer seinen erlernten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann, wird umgeschult. Der für Angestellte und gelernte Kräfte geltende Berufsschutz wird dabei in einen "Qualifikationsschutz" umgewandelt. Das bedeutet, der Betreffende hat das Recht auf eine hochwertige Qualifikation, die seinem bisherigen Ausbildungsniveau (Lehrabschluss, Fachschule etc.) entspricht. Die Umschulung findet in einem Bereich statt, die gesundheitlich Sinn macht, in dem es Beschäftigungschancen gibt und der gemeinsam mit den Betroffenen ausgesucht wird. Während der Dauer der Umschulung erhält der Betroffene ein "Umschulungsgeld" in der Höhe des Arbeitslosengeldes plus 25 Prozent. Damit soll das durchschnittliche Umschulungsgeld laut Sozialministerium die durchschnittliche Höhe der derzeitigen Invaliditätspension (957 Euro 14 Mal pro Jahr) erreichen. Die Umschulung muss zumutbar sein, sie muss den physischen und psychischen Eignungen und Neigungen, dem Gesundheitszustand und dem bisherigen Ausbildungsniveau der Person entsprechen. Sie muss auch den Zweck der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erfüllen können. So wäre es beispielsweise nicht zweckmäßig, einen 61-jährigen Mann umzuschulen, damit er dann nur noch ein Jahr arbeitet, weil hier die Kosten höher wären als der Nutzen. Die Kosten des Umschulungsgeldes werden vom AMS übernommen, sie werden dem Arbeitsmarktservice aber von der Pensionsversicherung ersetzt.

Für die unselbstständig Beschäftigten sowie für die Selbstständigen (Gewerbliche, Bauern) wird je ein "Kompetenzzentrum Begutachtung" eingerichtet. Dort werden medizinische und mit Hilfe des AMS auch berufskundliche Gutachten erstellt. Diese berufskundlichen Gutachten sollen Auskunft darüber geben, welche Umschulung sinnvoll ist.

Mittels "Case Management" sollen die Krankenkassen den Betroffenen bei der Rehabilitation und Wiedereingliederung in den Beruf helfen. Während der Krankenbehandlung sowie der medizinischen Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sollen die Versicherten bei der Koordinierung der zu setzenden Schritte unterstützt werden. Bei der beruflichen Rehabilitation obliegt das Case Management dem AMS.

Eine Invaliditätspension soll es daher künftig nur noch bei dauernder Invalidität oder Berufsunfähigkeit geben oder wenn eine Umschulung nicht zweckmäßig und zumutbar ist.

713 Millionen Einsparung bis 2018

Im Vorjahr ist 7.200 Personen unter 50 Jahren eine Invaliditätspension zuerkannt worden, davon 6.400 befristet. Mit der Einführung des Umschulungs- und Rehabilitationsgeldes werden laut Schätzung des Sozialministeriums davon voraussichtlich knapp 80 Prozent (etwa 5.500) in medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen einbezogen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen wird etwa ein Drittel dieser Gruppe berufliche Rehabilitation benötigen, der Rest medizinische Betreuungsmaßnahmen.

Die Einsparungen werden von 2014 bis 2018 auf insgesamt 713 Millionen Euro geschätzt. Im ersten Jahr werden noch Mehraufwendungen von 13,7 Mio. Euro erwartet, 2015 soll es dann schon zu Einsparungen von 44,9 Mio. Euro kommen, die sich bis 2018 auf 328,9 Mio. Euro erhöhen. Im Detail sollen sich dabei in der Pensionsversicherung in diesem Zeitraum Einsparungen von insgesamt einer Milliarde Euro ergeben, weil mehr Menschen im Erwerbsleben bleiben und später in Pension gehen. Die von der PVA zu tragenden Kosten für die berufliche Umschulung werden rund 300 Mio. Euro betragen, sodass die Pensionsversicherungsanstalt bis 2018 in Summe etwas mehr als 700 Mio. Euro einsparen soll.

Ausgaben und Einnahmen

Für das AMS wird zwischen 2014 und 2018 insgesamt ein Mehraufwand von rund 280 Mio. Euro erwartet. Diese Mehrausgaben ergeben sich vor allem durch das Umschulungsgeld minus der Mehreinnahmen durch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Auf der anderen Seite werden Mehreinnahmen in ungefähr der gleichen Höhe erwartet - und zwar durch höhere Beiträge in anderen Bereichen der Sozialversicherung (Kranken-, Unfallversicherung) sowie durch höhere Lohnsteuereinnahmen.

Als flankierende Maßnahme erhält das AMS die Förderung und Wiedereingliederung von gesundheitlich beeinträchtigen Menschen in den Arbeitsmarkt als gesetzliche Aufgabe. Für gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitslose, die bereits Notstandshilfe erhalten, werden die Freibeträge bei der Partnereinkommensanrechnung (derzeit 515 Euro) um 50 Prozent auf 772,50 Euro erhöht. Dadurch erhalten diese Menschen eine höhere Notstandshilfe. Laut Sozialministerium erhalten dadurch 800 Menschen rund 165 Euro netto mehr im Monat.

Ab 2013 wird der zweite Arbeitsmarkt (sozialökonomische Betriebe; gemeinnützige Beschäftigungsprojekte) für die stufenweise Reintegration von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgebaut. Ziel ist ihre Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Förderungen wie die Kombilohnbeihilfe und das Arbeitstraining werden weiterentwickelt. Arbeitsmarktexperten erarbeiten Programme zur stufenweisen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Die Begutachtungsfrist läuft bis 7. September, im Herbst soll die Neuregelung dann vom Parlament beschlossen werden. Inkrafttreten soll das Gesetz mit 1. Jänner 2014, bis dahin haben die betroffenen Behörden Zeit zur Umstellung des Systems. (Text: APA, Red.)