Diskussion um Beschneidungen in Österreich
Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner rät Ärzten, von Beschneidungen bei Buben aus religiösen abzusehen, solange die Rechtslage nicht eindeutig geklärt ist. Dass sich Wallner dabei auf ein umstrittenes Urteil des Landesgerichtes in Köln bezieht, stößt hierzulande auf Unverständnis.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 25. 7. 2012
Beschneidungen in Ö straflos
In Österreich sei die rechtliche Lage völlig klar, sagt Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium. Eine Beschneidung sei keine Körperverletzung, zumindest laut Ansicht der heimischen Gerichte. "Wegen des Grundrechtes auf Religionsausübung ist kein Tatbestand erfüllt. Der Akt der Beschneidung in Österreich ist straflos. Außerdem verstoße diese Handlung nicht gegen die guten Sitten."
Religionsfreiheit
Auf das Recht auf Religionsfreiheit berufen sich auch die betroffenen Glaubensgemeinschaften. Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinden, kann nicht nachvollziehen, wie Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner Ärzten davon abraten kann, Beschneidungen durchzuführen. "Ich wundere mich, warum sich der Herr Landeshauptmann nicht vorher über die Rechtsverhältnisse in Österreich informiert hat." Fastenbauer will sich durch die Diskussion nicht verunsichern lassen. "Bei uns lassen im Allgemeinen Eltern Buben beschneiden am achten Tag, unabhängig davon ob sie streng gläubig oder liberal sind. Das ist einfach ein Teil unserer jüdischen Identität und wir werden uns den sicher nicht nehmen lassen."
Gefährliche Diskussion
Auf völliges Unverständnis stößt der Vorstoß des Vorarlberger Landeshauptmanns auch bei Fuat Sanac, dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. "Der Herr Landeshauptmann Wallner, den ich kenne und sehr schätze, ist leider als ein überzeugter Katholik, falsch beraten. Denn die Beschneidung ist in Österreich gesetzlich gesichert."
Harmlos ist die ganze Diskussion in seinen Augen aber nicht. "Ich glaube, das ist wirklich ein Kampf gegen die Religionsfreiheit. Wenn man heute sagt, Beschneidung ist verboten, dann kann man morgen auch sagen, fasten soll verboten sein. Wohin führt das?"
Entscheidung liegt bei Krankenhäusern
Gelassener sieht das Gesundheitsminister Alois Stöger. Für ihn ist die Debatte um religiöse Beschneidungen eine aufgesetzte Diskussion. Jedes Landeskrankenhaus könne selbst entscheiden, ob es Beschneidungen durchführt oder nicht.