Pussy Riot: Angst um Sorgerecht

Am Freitag wird in Moskau das Urteil im Fall der Band Pussy Riot erwartet, die Staatsanwaltschaft fordert für die drei jungen Frauen wegen ihrer Protestaktion in der größten Kirche des Landes drei Jahre Haft. Jetzt haben die Anwälte das Sorgerecht für die beiden minderjährigen Kinder der Angeklagten beantragt - so wollen sie verhindern dass sie nach einem Urteil den Großeltern weggenommen und in ein Kinderheim gesteckt werden.

Mittagsjournal, 14.8.2012

Aus Moskau

"Wo ist meine Mama?"

Sie kommen nur selten zu den Kundgebungen vor dem Untersuchungsgefängnis oder dem Gericht, aber sie fallen immer auf: die vierjährige Gera Tolokonnikowa, die ihrer Mutter Nadja wie aus dem Gesicht geschnitten ist und der fünfjährige Filipp, Sohn von Maria Aljechina. "Wo ist meine Mama?" stand auf dem Plakat, das die kleine Gera bei einer der Kundgebungen in der Hand hielt. Seit der Verhaftung der drei Aktivistinnen im Februar haben die beiden Frauen keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern gehabt.

Kinder als Druckmittel

Die Staatsanwaltschaft habe mehrmals versucht, die Kinder als Druckmittel einzusetzen, erklärt Anwalt Mark Feigin im Interview mit der Zeitung Novaya Vremya. Da auch der Mann von Nadja Tolokonnikova politisch aktiv ist und auch ihm die Verhaftung droht, würde das Kind in ein Heim abgeschoben, wenn sie nicht kooperiere, habe es von Seiten der Behörden geheißen, erklärt Feigin. Er und sein Kollege Nikolai Polosov hätten sich daher entschlossen, das Sorgerecht für die Kinder zu beantragen. Das russische Recht sieht eigentlich vor, dass Mütter mit kleinen Kindern nicht oder nur in besonders schweren Fällen in Untersuchungshaft genommen werden können. Dass sie inzwischen seit fünf Monaten in Haft sind, ist ein weiterer klarer Bruch der Strafprozessordnung. Und es ist auch nicht der einzige Fall, in dem die Behörden so vorgehen.

Ähnliche Vorgehensweise in anderen Fällen

Eine der drei Pussy-Riot Anwälten Violetta Volkova vertritt auch den Oppositionspolitiker Sergei Udalzov und dessen Frau und hat - aus ähnlichen Gründen - inzwischen das Sorgerecht für die beiden Kinder der Udalzows beantragt. Wie es den Kindern geht, die jetzt bei ihren Großeltern leben, wollen die Anwälte nicht erzählen. Abgesehen von den wenigen Auftritten bei den Kundgebungen, werden sie von der Öffentlichkeit und den Medien weitgehend abgeschirmt.

Anwälte fürchten um ihre Zulassung

Die Kinder sind aber nicht die einzige Sorge der drei Anwälte. Sie rechnen fix damit, dass ihnen nach dem Ende des Verfahrens ihre Rechtsanwaltszulassung entzogen wird. Sie hätten sich, wie ihnen aus wohlinformierten Kreisen mitgeteilt worden sei, zu stark für ihre Mandantinnen engagiert.

Den drei Frauen der Band Pussy Riot drohen wegen der Aktion "O Mutter Gottes, erlöse uns von Putin" in der größten Kirche des Landes drei Jahre Haft. Der Prozess wird von ausländischen Beobachtern als unfair und politisch motiviert bezeichnet. Das Urteil soll am Freitagnachmittag bekannt gegeben werden. Egal wie es ausfällt, die drei Anwälte wollen auf jeden Fall dagegen Berufung einlegen.