Experte: Ärzte sollen Kommunikation lernen

Das Gesundheitssystem muss für die Patienten leichter verständlich werden, fordert der Gesundheitsexperte Jürgen Pelikan vom Ludwig Boltzmanninstitut für Gesundheitsförderungs-Forschung. Konkret schlägt Pelikan vor, dass Kommunikation ein eigenes Fach in medizinischen Ausbildungen werden sollte, und er plädiert für eine 24-Stunden-Hotline, an die sich jeder unkompliziert wenden kann.

Mittagsjournal, 17.8.2012

Bessere Orientierung

Jürgen Pelikan hat jene Studie erstellt, die diese Woche gezeigt hat, dass viele Österreicher sehr unsicher sind, wenn es um ihre Gesundheit geht und jeder vierte den Ausführungen der Ärzte nicht folgen hat. Jeder zweite kann die Vor- und Nachteile von Behandlungen nicht beurteilen, jeder Dritte weiß nicht, wo er Informationen über die richtigen Therapien bekommt. Unser Gesundheitssystem bietet sehr viele Wahlmöglichkeiten, um sich besser darin orientieren zu können, schlägt Gesundheitsexperte Jürgen Pelikan eine Hotline nach britischem Vorbild vor, wo es 24 Stunden am Tag telefonisch und per Internet Auskunft gibt, ob man zum Beispiel Hausmittel verwenden kann oder besser zum Arzt geht oder nicht.

System würde nicht teurer

Außerdem sei es wichtig, dass Ärzte nicht nur Krankheitssymptome bekämpfen, sondern die Lebensumstände der Patienten miteinzubeziehen, statt den Patienten nur zu sagen, was sie machen sollen. Ein interessantes Beispiel dafür gebe es in der Schweiz, wo Ärzte Patienten "coachen", bei deren eigenen Anstrengungen unterstützen und auch zum Beispiel auf Selbsthilfegruppen aufmerksam machen. Das System werde dadurch insgesamt nicht teurer, weil es auf der anderen Seite auch positive Effekte für die medizinische Behandlung habe, so Pelikan.

Lehrfach Kommunikation

Und deshalb sollte in medizinischen Ausbildungen die Kommunikation mit den Patienten einen höheren Stellenwert bekommen - und zwar als ganz eigenes Fach. Um die Kommunikationsfähigkeit der Ärzte zu steigern gebe es viele Schulungsmöglichkeiten. "Es würde sich auszahlen, das als eigenen Bereich auszubauen", so Pelikan.

Beginn in der Schule

Veränderungen fordert der Experte vom Ludwig Boltzmann-Institut für Gesundheitsförderungsforschung aber auch schon beim Unterricht an Schulen. Man müsse lernen, dass man für die Gesundheit selbst verantwortlich sei und es von unserer Lebensweise abhänge.

Und schließlich, so Jürgen Pelikan, müsse man sich fragen, ob die vielen Wahlmöglichkeiten überhaupt sinnvoll sind oder für viele Patienten eine Überforderung bedeuten. "Es gibt Länder, wo man erst zu einem Allgemeinpraktiker gehen muss und der einen dann überweist." Und das, so der Experte, könnte man auch für Österreich überlegen.

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