Russlands Internetgiganten

Die USA gelten als die digitale Großmacht. In Russland haben die großen amerikanischen Internetfirmen wie Google und Facebook jedoch das Nachsehen gegenüber lokalen Konkurrenten - zur Freude von Präsident Vladimir Putin, der den Expansionskurs unterstützt, solange er seiner Linie entspricht.

Mittagsjournal, 20.8.2012

ORF-Korrespondent Markus Müller berichtet aus Moskau.

Google hatte Probleme mit Russisch und Kyrillisch

Das Verb "googeln" ist auch in der russischen Sprache angekommen. Doch wer etwas googelt, also etwas im Internet sucht, geht dabei auf die Seite der Suchmaschine "Yandex", mit 64 Prozent Marktanteil die klare Nummer eins. Die Seite google.ru ist weit abgeschlagen, mit gerade einmal 22 Prozent. Seine Vormachtstellungen konnte Yandex aufbauen, weil Google lange Zeit Schwierigkeiten mit der kyrillischen Schrift und der russischen Sprache und ihren vielen verschiedenen Endungen hatte – ein Problem, dass Yandex-Gründer Arkadi Wolosch bereits in den späten Neunzehnneunzigerjahren in den Griff bekam.

Heute bietet Yandex alles, was auch Google bietet: Yandex Maps mit Verkehrsmeldungen, Yandex Mail, Yandex Fotos und so weiter, und nicht nur in Russland, sondern auch in den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion, in denen Russisch und Kyrillisch weit verbreitet sind.

Yandex auf Expansionskurs

Jetzt wolle Yandex weiter expandieren, sagt Arkadi Wolosch. Eine englischsprachige Seite gibt es bereits seit zwei Jahren, als nächstes hat sich Yandex den türkischen Markt vorgenommen. "Es gibt heute nur wenige Märkte, in denen es eine starke Konkurrenz zwischen Suchmaschinen gibt. Im Wesentlichen sind das die USA, Russland und China. Aber in Europa, Lateinamerika und im Großteil von Asien gibt es überhaupt keine Auswahl. Das ist eine potenzielle Nische, wo wir uns mit einem passenden Produkt etablieren können", so Wolosch.

Yandex ist nicht die einzige russische Internetfirma, die ins Ausland drängt. Auch bei den sozialen Netzwerken hat Russland eine Sonderstellung. Facebook hat zwar in den letzten Monaten deutlich aufgeholt, liegt aber nur auf Platz vier. Angeführt wird die Rangliste von "VKontakte", die laut eigenen Angaben mehr als 100 Millionen User hat, ebenfalls in der gesamten ehemaligen Sowjetunion. Vor kurzem wurde das erste Auslandsbüro in der Ukraine gegründet.

Zahl der russischen Internetnutzer steigt

Hinter dem Netzwerk VKontakte steht die Gruppe mail.ru. Das Geschäft sei im Moment sehr profitabel, erklärt Vorstandsvorsitzender Dmitry Grishin: "Ende letzten Jahres hat Russland bei der Zahl der Internetnutzer Deutschland überholt. Wir können diese Zahl noch einmal verdreifachen und noch wichtiger: Unsere Kunden bringen auch Geld mit. Ein großer Teil des Werbebudgets ist bereits von den traditionellen Medien wie Plakaten, Radio und Fernsehen ins Internet gewandert."

Die Zahl der russischen Internetnutzer steigt stark, allein im letzten Jahr um 17 Prozent. Geld für weitere Expansion gibt es genug. Die Gruppe mail.ru gehört zum Imperium des Oligarchen Alisher Usmanov, laut der Zeitschrift Forbes der derzeit reichste Russe. Usmanov hat sich 2009 bei Facebook eingekauft und damit den richtigen Riecher bewiesen. Bei Facebooks Börsegang dürfte er Schätzungen zufolge mehr als eine Milliarde Dollar Gewinn gemacht haben. Vor kurzem wurde bekannt, dass sich Usmanov mit 400 Millionen beim Kurznachrichtendienst Twitter eingekauft hat.

Zusammenarbeit mit Geheimdienst

So aktiv die russischen Internetfirmen im Ausland sind, im Inland stehen sie unter strenger staatlicher Kontrolle. Im Frühjahr wurde bekannt, dass Yandex Daten über Oppositionspolitiker an den Geheimdienst FSB weitergegeben hat und auch die Übernahme durch einen ausländischen Konkurrenten ist praktisch unmöglich.

Der staatliche Bankenriese Sberbank hält eine Goldene Aktie, die ihr beim Verkauf von mehr als 25 Prozent von Yandex ein Vetorecht garantiert.