Wehrpflicht: ÖVP für Volksbefragung

Die vier ÖVP-Landeshauptleute rufen übereinstimmend nach einer raschen Entscheidung in Sachen Wehrpflicht oder Berufsheer. Ganz neu daran ist, dass sich die ÖVP-Landeschefs auch eine Volksbefragung über das Thema vorstellen können. Das wäre der unkomplizierte Weg - und noch dazu genau das, was die SPÖ seit Beginn der Diskussion verlangt.

Mittagsjournal, 27.8.2012

Instrument im Wahlkampf

Ausgelöst hat die Debatte über das Ende der Wehrpflicht der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Häupl - im Gemeinderatswahlkampf 2010. Dem ist entsprechender medialer Druck von der auflagenstarken Kronenzeitung vorausgegangen, die seit jeher für die Abschaffung der Wehrpflicht und für die Einführung eines Berufsheeres eintritt. Häupl werden so wie dem SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Kanzler Faymann gute Kontakte zur Kronenzeitung nachgesagt - und Faymann ist dann auch gleich auf diesen Zug aufgesprungen. Freund und Feind überraschend: Der SPÖ-Wehrsprecher musste damals aus den Medien von der Kehrtwendung der Parteispitze erfahren, und auch SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos musste sich erst an das neue Credo gewöhnen. Darabos hatte wenige Wochen vor dem Schwenk noch betont, dass die Wehrpflicht wörtlich "in Stein gemeißelt" sei.

Volksbefragung reicht auch

Heute ist Darabos ein eifriger Verfechter der Umstellung auf ein Berufsheer, auch wenn er bisher beim Koalitionspartner ÖVP auf Granit gebissen hat. Das könnte sich jetzt ändern. Denn Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll von der ÖVP - er hat im kommenden Frühjahr wie seinerzeit Häupl eine Wahl zu schlagen - heizt die Debatte jetzt durchaus auch im Sinn der SPÖ an. Pröll fordert einen raschen Volksentscheid über die Zukunft des Bundesheeres. Dazu brauche es nicht unbedingt eine Volksabstimmung, wie die Bundes-ÖVP das verlangt, hieß es gegenüber dem Mittagsjournal aus dem Büro von Erwin Pröll. Und gleichlautend äußert sich auch Oberösterreichs Landeshauptmann und ÖVP-Chef Josef Pühringer, den wir im Urlaub am Handy erreicht haben: Eine Entscheidung über die Zukunft des Bundesheeres müsse auf eine "breite Basis" wie einen Volksentscheid gestellt werden, sagt Pühringer. Man müsse die Menschen aber "ordentlich und ehrlich" informieren und auch sagen, was es bedeute, wenn es keinen Katastrophendienst und keine Zivildiener mehr gebe. Dieser Volksentscheid müsse keine Volksabstimmung sein, sondern es reiche auch eine Volksbefragung, wenn die Politik verspreche, dass das Ergebnis dann auch umgesetzt werde. Jedenfalls wolle er "Klarheit haben, dass das derzeitige System mit Präsenzdienst und Zivildienst wahrscheinlich auch aus der Sicht des Steuerzahlers unter Strich die besserer Variante ist." Diese Volksabstimmung oder Volksbefragung könne auch schon in diesem Herbst abgehalten werden, wenn bis dahin die Information der Bevölkerung zu schaffen sei, so Pühringer. Er hielte aber das Frühjahr 2013 für besser geeignet.

Stichhaltige Argumente?

Auch Niederösterreichs Landeschef Pröll will eine Entscheidung so rasch wie möglich - das Frühjahr 2013 käme ihm aus wahlkampftechnischen Gründen wohl nicht sehr ungelegen. Die beiden anderen ÖVP-Landeshauptleute Günther Platter, Tirol, und Markus Wallner ,Vorarlberg, unterstützen diese Linie voll. Den ÖVP-Landeschefs geht es darum, das Bundesheer mit den Grundwehrdienern für die Katastrophenhilfe zu erhalten. Das ist traditionell ein Bereich, wo sich Landespolitiker gern in Szene setzen und damit ihr Landesvater-Image pflegen können. Die ÖVP-Landeschefs argumentieren aber auch damit, dass bei einem Berufsheer der Zivildienst nicht mehr aufrechterhalten werden könne und die sozialen Dienste - die sind Landessache - zusammenbrechen würden. Mit diesen Argumenten, so das Kalkül der Schwarzen, würde man jeden Volksentscheid gewinnen.

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