Wehrpflichtdebatte: Zwickmühle für ÖVP

Im Gegensatz zu Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hatte dessen niederösterreichischer Partei- und Amtskollege Erwin Pröll keine Volksbefragung, sondern eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht gefordert. Doch damit hätte Pröll die ÖVP in eine rechtliche Zwickmühle gebracht, sagen Verfassungsexperten.

Mittagsjournal, 27.8.2012

Zustimmung als Voraussetzung

Für eine Volksabstimmung ist ein bereits beschlossenes Gesetz nötig. Das heißt konkret: SPÖ und ÖVP müssen sich zuvor auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen. Und dieser Text könne sinngemäß wohl nur lauten: "Die Wehrpflicht soll abgeschafft und stattdessen ein Berufsheer eingeführt werden", erläutert Verfassungsexperte Theo Öhlinger. Das müsste die Volkspartei also im Nationalrat mitbeschließen, obwohl sie bekanntermaßen eigentlich dagegen ist. Nur theoretisch möglich ist für Öhlinger der umgekehrte Weg, also eine Abstimmung über den Volksabstimmungstext: "Die Wehrpflicht soll aufrecht bleiben". Sollte ein Volksentscheid darüber mit Nein ausgehen, hätte das politisch dieselbe Wirkung, wäre aber "demokratiepolitisch seltsam". Öhlinger kann sich nicht vorstellen, dass man sich den negativen Ausgang einer Volksabstimmung wünschen könnte.

ÖVP-Spitze schweigt

Wie die Volkspartei gegebenenfalls mit dieser Zwickmühle umzugehen gedenkt bzw. was die Parteizentrale in Wien überhaupt zum Vorstoß ihrer eigenen Landeshauptleute für eine Heeres-Volksabstimmung sagt, das war auch heute nicht zu erfahren - von ÖVP-Chef Michael Spindelegger abwärts war niemand zu einem Interview bereit.

Befragung als Ausweg

Leichter als eine Volksabstimmung umzusetzen, so Öhlinger, sei jedenfalls eine Volksbefragung - dafür sei nämlich kein fertiges Gesetz nötig. Statt dessen könne man ein Thema zur Abstimmung bringen, ohne bereits einen vollendeten Gesetzestext vorzulegen. Der Ausgang einer solchen Befragung ist im Gegensatz zur Volksabstimmung für den Gesetzgeber rechtlich nicht bindend. Angesichts der monatelangen Diskussion würde die Regierung an der dort mehrheitlich ausgedrückten Meinung aber wohl nicht vorbeikommen.

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