Start der 69. Filmfestspiele Venedig
Heute Abend werden die 69. Filmfestspiele von Venedig eröffnet. Unter dem Juryvorsitz des US-amerikanischen Regisseurs Michael Mann treten diesmal 18 Filme im Wettbewerb um den begehrten Goldenen Löwen an, darunter der österreichische Streifen "Paradies: Glaube" von Ulrich Seidl.
8. April 2017, 21:58
Mit dem einst von Silvio Berlusconi geschassten Alberto Barbera gibt es heuer auch einen neuen (alten) Festival-Leiter. Und: Im virtuellen Kino werden die Festivalfilme gleichzeitig mit den realen Vorstellungen und gegen Eintritt online gezeigt.
Morgenjournal, 29.8.2012
Rückkehr eines Geschassten
Von 1998 bis 2001 war Alberto Barbera schon einmal Direktor des Filmfestivals von Venedig, doch dann wurde er nicht zuletzt auf Betreiben der Regierung Berlusconi abgesetzt. Barberas heurige Rückkehr nach Venedig ist nach Berlusconis Rücktritt im letzten Jahr wohl kein Zufall.
Der langjährige Leiter des Filmmuseums in Turin will sich wieder mehr auf die ursprüngliche Funktion von Filmfestivals besinnen: auf das Aufspüren von Neuheiten im Kino.
Schmaler Wettbewerb
18 Filme zählt der heurige, vergleichsweise schmale Wettbewerb, eine ausgewogene Mischung aus weitgehend unbekannten Nachwuchskräften des Kinos und den üblichen Verdächtigen, etwa Brian De Palma, Olivier Assayas, Terrence Malick, Marco Bellocchio und Takeshi Kitano.
Markante Wettbewerbsthemen sind die anhaltende Wirtschaftskrise und religiöser Fundamentalismus, letzterer etwa in "The Master" von Paul Thomas Anderson, die von Scientology inspirierte Geschichte einer US-amerikanischen Glaubensgemeinschaft und ihres charismatischen Anführers nach dem Zweiten Weltkrieg.
Zweiter Teil der aktuellen Seidl-Trilogie
Religion in Extremform steht auch im Mittelpunkt des österreichischen Wettbewerbsbeitrags "Paradies: Glaube", nach "Paradies: Liebe", der heuer in Cannes lief, der zweite Teil der "Pardies"-Trilogie von Ulrich Seidl. Seidl inszeniert diesmal einen aufflammenden Ehekrieg zwischen einem aus Ägypten stammenden Moslem und einer fanatischen von Maria Hofstätter gespielten Katholikin.
Kaum Geld für Infrastruktur
So vielversprechend das heurige Programm klingt, so wenig kann man über die notorischen Infrastrukturprobleme am Lido hinwegsehen. Zwar hat die Festivalleitung einige Umbauarbeiten in den traditionsreichen Gebäuden erledigt, der auch an Finanzierungsproblemen gescheiterte Neubau eines modernen Palazzo del Cinema scheint aber endgültig ad acta gelegt. Denn auch in den nächsten vier Jahren soll die Kinoinfrastruktur kleinteilig erneuert werden, wie Biennale-Präsident Paolo Barrata betont.
Online dabei sein
Trotz aller praktischen Probleme setzt Festivaldirektor Alberto Barbera auf Innovation: so wird es heuer erstmals ein virtuelles Kino geben, in dem Zuseher Festivalfilme zeitgleich mit den realen Vorstellungen und gegen Eintritt online im Internet verfolgen können. Zudem hat Barbera einen Filmmarkt für den internationalen Lizenzhandel angekündigt, dessen Fehlen war ein lange Zeit beklagtes Manko am Lido.
Eröffnet werden die Filmfestspiele in Venedig heute Abend mit dem Film "The Reluctant Fundamentalist" der indischen Regisseurin Mira Nair.