ÖIAG-Chef: Rudolf Kemler Favorit

In Wien trifft sich der Aufsichtsrat der österreichischen Industrieholding ÖIAG. Sie verwaltet die Staatsanteile von OMV, Post sowie Telekom. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Wahl des neuen Alleinvorstandes. Ganz klarer Favorit auf den Spitzenjob ist der noch Chef von Hewlett Packard Österreich Rudolf Kemler.

Mittagsjournal, 7.9.2012

Gut vernetzt

Chefetagen sind für den HTL-Absolventen Rudolf Kemler gewohntes Terrain. Zuletzt waren es gut vier Jahre an der Spitze des Österreichablegers von HP, einer der weltweit größten PC und Druckerhersteller. Die Stationen der beruflichen Laufbahn des Niederösterreichers tragen prominente Namen der Elektro- und Telekombranche: Siemens Nixdorf, General Electric sowie T- Systems Österreich. Auch gilt Kemler als gut vernetzt. So ist er Vizepräsident der amerikanischen Handelskammer in Wien und auch im Vorstand der Wiener Industriellenvereinigung. Wegbegleiter beschreiben den 56-Jährigen als Bürgerlichen, aber parteipolitisch unabhängig. Die beiden leistungsneutralen Punkte – Unabhängigkeit sowie Industriellenvereinigung – sind bei der Abstimmung im ÖIAG Aufsichtsrat sicher kein Nachteil. Das Gremium legt, wenigstens nach außen hin, großen Wert auf Distanz zur Politik und es ist von Industriemanagern geprägt. Wenn am Nachmittag die Wahl auf Rudolf Kemler gefallen ist, dann wird er in weiterer Folge der oberste Kontrolleur von OMV, Post und Telekom. Bei der OMV gehören dem Staat mehr als 30 Prozent.

Erwartungen von OMV, Post und Telekom

OMV-Chef Gerhard Roiss meint: "Wir haben in den letzten Jahren ein sehr gutes, konstruktives Verhältnis gehabt. Was ich mir wünsche, ist, dass die Qualität der Zusammenarbeit hier bestehen bleibt." Roiss spricht in Bezug auf die ÖIAG von einem Filter, der zwischen Tagespolitik und Wirtschaft notwendig sei. Er spielt damit auf den Vertrag zwischen der Republik und einem arabischen Großaktionär an und betont, dass die Koordination dieser beiden Core-Shareholder Strukturen brauche, die die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund hätten. An der Post wiederum gehören dem Staat mehr als 50 Prozent. Vorstandschef Georg Pölzl zeigt sich vor der Entscheidung diplomatisch sagt, dass er sehr zuversichtlich sei, dass der Aufsichtsrat einen geeigneten Kandidaten finden werde. Nur schriftlich äußert sich Telekom-Chef Hannes Ametsreiter. Er wünsche sich Stabilität – so wie auch jeder andere Manager der wichtigen Anteilseigner, wie er hinzufügt. Gut 28 Prozent hält der Staat, er ist größter Telekomaktionär. Seit wenigen Wochen hat das Unternehmen mit dem Mexikaner Carlos Slim einen starken strategischen Partner. Die internationale Neuausrichtung des Konzerns auf dem hart umkämpften Telefon- und Internetmarkt wird viel Zeit in Anspruch nehmen.

Zukunft der ÖIAG ungewiss

Zu den künftigen Aufgaben der ÖIAG wollen sich die Chefs von OMV, Post und Telekom nicht äußern. Aus Unternehmenskreisen heißt es jedoch, dass es der Holding künftig möglich sein müsse Aktien kaufen zu dürfen, etwa um Übernahmeversuche verhindern zu können. Ein Appell an die Politik. Die Regierung markiert – als Eigentümerin – das Spielfeld, auf dem sich die ÖIAG bewegen darf. Sie entscheidet auch, wie es mit der Industrieholding weitergehen wird – auflösen oder erhalten, vergrößern oder verkleinern. Gemeinsame Antworten von SPÖ und ÖVP auf grundsätzliche Fragen stehen seit Jahren im Raum - und da werden sie auch mit dem neuen Alleinvorstand Rudolf Kemler zumindest bis nach der nächsten Nationalratswahl stehen bleiben.