Euro-Krise: Schwarzenberg mahnt zu Solidarität

Die anhaltende Euro-Krise lässt die Stimmen immer lauter werden, die bei all diesen Hilfspaketen in Richtung Südeuropa nicht mehr mitmachen wollen. Der reiche Norden solle sich vom armen Süden abkoppeln, heißt es da, oder Griechenland müsse aus dem Euro raus. Einer, der dies vehement ablehnt und vor den Folgen eines solchen Schrittes warnt, ist der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg. Der Reichtum des Nordens sei ohne den jetzt oft so verschmähten Süden Europas gar nicht erst möglich gewesen, sagt Schwarzenberg.

Morgenjournal, 11.9.2012

"Wir sind aufeinander angewiesen"

Den reichen Norden gegen den armen Süden auszuspielen – das sei schlichtweg billiger Populismus, sagt Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg. Natürlich sei es nachvollziehbar, dass die reichen Staaten nicht gerne für die Armen zahlen wollen. Man dürfe aber nicht vergessen, der Norden ist durch den Süden reich geworden. "Es zahlt der Reiche ungern für den Armen. Das kann man in der Familie sehen, das ist auch in der europäischen Völkerfamilie so. Aber wir dürfen nicht vergessen: Von wo ist der Reichtum des Nordens gekommen? Der ist von den Exporterfolgen in die Länder, denen man die Kredite angeboten hat, gewachsen", merkt Schwarzenberg an. Jahrzehntelang hat man den südlichen Staaten Kredite gewährt, damit diese die Waren aus dem Norden importieren. Niemand hat gefragt, wie sie zurückgezahlt werden. Nun wurde die Rechnung präsentiert und die müssen wir gemeinsam zahlen, so der tschechische Außenminister. Niemand könne es sich leisten Staaten in der Union bankrottgehen zu lassen. Der tschechische Außenminister sagt: "Wenn manche "Radikalinskis" jetzt tönen: Sollen die da unten Pleite gehen. Na schön: Und wohin, geehrter Herr, wollen Sie dann exportieren? Nur von China können sie nicht leben. Das ist eine harte Tatsache. Wir sind aufeinander angewiesen und wir müssen das Mögliche unternehmen, dass diese Länder eine Chance haben, sich zu erholen. Wobei wir meiner Ansicht nach nicht um einen gewaltigen Schuldenschnitt kommen werden."

Europas Reichtum "verprasst"

Wir müssen uns einfach darauf einstellen, dass die fetten Jahre vorerst vorbei sind, sagt Karel Schwarzenberg. Zulange hätten wir über unsere Verhältnisse gelebt. Schwarzenberg findet kritische Worte: "Wachstum, Wachstum – das ist ein Götze. Wir müssen uns klar werden, dass die goldenen Jahre vorbei sind. Wenn wir viel Glück haben, können wir unseren Lebensstandard halten – aber sicher nicht steigern, weil Wachstum die Staaten übernehmen, die in den letzten Jahrzehnten in die Zukunft investiert haben." Nämlich in Wissenschaft, Forschung und Zukunftstechnologien. Europa, so Karel Schwarzenberg, habe seinen Reichtum einfach verprasst. Wichtig sei eine strenge Budgetpolitik, so der tschechische Außenminister. Kein Staat in Europa könne es sich mehr leisten, mehr auszugeben als er hat. Die Politiker müssten endlich den Mumm haben, das den Menschen auch deutlich zu sagen, fordert Schwarzenberg und meint: "Die Regierungen, die jetzt in der Krise an der Macht sind, werden sowieso abgewählt werden. Infolgedessen sollten sie gleich das Richtige machen!"