Türkei: Harte Strafen in Verschwörungsprozess

Ein Gericht hat mehrere hochrangige Ex-Generäle wegen eines angeblichen Putschversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Unter ihnen sind die ehemaligen Chefs der Marine und der Luftwaffe. Es war das erste Urteil in einer ganzen Reihe von Prozessen, in denen es um mutmaßliche Putschpläne der Militärs gegen die islamisch-konservative Regierung in Ankara geht.

Abendjournal, 21.9.2012

Für die Richter in Istanbul scheint es also erwiesen, dass die Führungsschicht der türkischen Armee im Jahr 2003 Vorbereitungen getroffen hat, um gegen Erdogans Regierung zu putschen. Drei Generäle wurden zu jeweils 20 Jahren Haft verurteilt. 34 Verdächtige wurden frei gesprochen. Die Urteile über 328 weitere Angeklagte, Offiziere und Unteroffiziere, könnten noch im Lauf des Abends fallen.

Das Verfahren hat vor mehr als zwei Jahren begonnen. Kritiker wenden ein, dass die Beweislage gegen die Offiziere dürftig sei. Die Anklage stützt sich im Wesentlichen auf schriftliche Unterlagen und Mithörprotokolle einer vertraulichen Sitzung, bei der über hundert Offiziere über mögliche Bürgerkriegsszenarien gesprochen haben. Damals war die islamisch-konservative AKP erst seit kurzem an der Macht, und von Washington aus führte Präsident Bush seinen Kreuzzug gegen Islamisten weltweit.

Vor diesem Hintergrund dürften auch führende türkische Offiziere mit einer Konfrontation zwischen Islamisten und Laizisten gerechnet haben. Der angeblich unter dem Namen ‚Schmiedehammer‘ geplante Putsch wurde aber nie in die Tat umgesetzt. Die AKP sitzt heute fest im Sattel und konnte dank wirtschaftlicher Erfolge das früher dominierende Militär entmachten.

Die Justiz wird heute weitgehend von Anhängern der islamisch-konservativen Regierung beherrscht. Was führende Offiziere vor 9 Jahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die neue Macht der Islamisten gesagt haben, wird ihnen heute zum Verhängnis.