US-Drohnenkrieg im Zwielicht

Der Einsatz von Drohnen durch die USA in Pakistan im Kampf gegen den Terrorismus stößt auf immer mehr Widerstand. Eine Studie der Stanford-Universität geht mit der Methode jetzt hart ins Gericht.

Mittagsjournal, 25.9.2012

Katharina Wagner

Kein sauberer Krieg

Drohnen töten mit chirurgischer Präzision. So formulieren es Militärs und Politiker in den USA, wenn sie über die ferngesteuerten Flugzeuge sprechen, die sie in Pakistan einsetzen im Kampf gegen Terroristen. Präsident Barack Obama hat seit 2009 rund 300 Drohneneinsätze angeordnet. Was irgendwie sauber und schonend klingen soll, ist eine ständige Bedrohung für die Bewohner in Teilen Pakistans, einer Bedrohung, der schon tausende Zivilisten zum Opfer gefallen. Das sagt nicht etwa die pakistanische Regierung, das sagen Juristen der Stanford-Universität in den USA. Sie haben den Drohnenkrieg in Pakistan untersucht, und da bleibt nichts über von einem angeblich sauberen Krieg.

Opfer Zivilisten

Mehr als hundert Gespräche haben Juristen mit Augenzeugen, Journalisten und Experten in Pakistan geführt. Neun Monate lang haben sie gemeinsam mit Studenten der Universitäten von Standford und New York Dokumente und Artikel ausgewertet um herauszufinden, welche Folgen die Drohnenangriffe des US-Militärs in Pakistan haben. Das Ergebnis ist vernichtend: die Drohnen sind lange nicht so präzise, wie gedacht. Unter den Opfern der - gegen Terroristen gerichteten- Angriffe sind immer mehr Zivilisten. James Cavallaro, von der Universität Stanford hat an der Studie mitgearbeitet: Es gibt Menschen, die in Gebieten wohnen, über denen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, Drohnen kreisen. Diese Menschen wissen nicht, wann die Drohnen angreifen werden. Und sie wissen auch nicht, wann sie angreifen werden.

Die Zivilbevölkerung leidet unter der ständigen Bedrohung, berichtet ein Augenzeuge: In unserer Gegend gibt es viele Drohnen. Und sie fliegen sehr tief. Darunter leiden viele von uns mental.

Für die Zivilbevölkerung haben die Angriffe meist psychische Folgen, sagt James Cavallaro: Die Menschen werden psychisch krank, sie werden dadurch traumatisiert, leiden an Angstzuständen. Viele Leute haben uns erzählt, dass sie ihr Haus nicht mehr verlassen.

Über 3.000 Tote

Die USA setzten seit Juni 2004 Drohen im Luftraum über Pakistan ein. Bisher gibt es keine genauen Zahlen darüber, wie viele Menschen bei Angriffen der unbemannten Flugzeuge getötet worden sind. Schätzungen gehen aber davon aus, das zwischen 2.500 und 3.300 Menschen durch Drohnenangriffe getötet worden sind. Darunter sollen bis zu 800 Zivilisten gewesen sein, davon über 150 Kinder.

Schuld daran, dass die Drohnen so viele zivile Opfer fordern, ist laut der Studie ihre unpräzise Steuerung. Denn das Signal, das ein potentielles Ziel aufnimmt, muss erst in die Steuerungszentrale in den USA geleitet werden. Die zeitliche Verzögerung die dabei entsteht, macht es unmöglich genau zu schießen.

Zweifel an Erfolgsbilanz

Auch wenn bei Angriffen der US-Drohnen immer wieder Terroristen getötet werden, sehen die Verfasser der Studie die Erfolgsbilanz skeptisch. Zwar wurde erst am Montag ein hochrangiges Mitglied der Al Qaida im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan getötet, die terroristische Gefahr für die USA, sinke dadurch aber keinesfalls. Laut der Studie aus Standford und New York ist vielmehr das Gegenteil der Fall. Durch jeden Angriff auf Zivilisten steigt auch der Hass gegen die USA. Laut einem ehemaligen US-Militärberater, ist die Zahl der freiwilligen pakistanischen Kämpfer gegen die USA seit Beginn der Drohneneinsätze stark angestiegen.