Stronach in Jörg Haiders Fußstapfen

Eine Partei als Fan-Club eines Milliardärs - ist das genug? Kann die Anfangseuphorie mit guten Umfragewerten ohne Inhalte ein Jahr lang bis zur Wahl anhalten? Politik-Berater Thomas Hofer ist im Ö1-Interview skeptisch, dass die "One-Man-Show" eines 80-Jährigen so lange funktionieren kann. Allerdings erinnert ihn Stronach streckenweise an Jörg Haider.

Morgenjournal, 28.9.2012

Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit Christian Williwald

Erinnerungen an Jörg Haider

Es kann schon reichen, dass Stronach anders ist als andere Politiker - das sagt der Politikberater Thomas Hofer im Ö1 Morgenjournalgespräch. Das Potenzial der Protestwähler könnte tatsächlich so groß sein, dass Stronach zwar nicht 30 Prozent der Stimmen, aber immerhin ein zweistelliges Ergebnis erzielen könnte. Die Voraussetzung: Stronach müsse durchhalten und eine Botschaft durchziehen. Hofer erkennt dabei Versatzstücke aus den Kampagnen Jörg Haiders aus den 1990er-Jahren: die Inszenierung als Anti-Politiker, dass er von einer Bewegung spreche und nicht von einer Partei, die starke EU- und Euro-Kritik, die Angriffe auf Proporz und Bürokratie, Sozialversicherung, Asylpolitik, Medien. "All das erinnert frappant an den Jörg Haider der 90er", so Hofer.

Durchhalten nach dem "Frühstart"

Dass Stronach noch kein ausgearbeitetes Parteiprogramm vorzuweisen hat, könnte kein Nachteil sein, wenn er dabei bliebe, so Hofer. Aber da mache Stronach die ersten Fehler, meint der Politikberater: So habe er sich beim Thema Euro bereits mehrmals selber widersprochen. "Das funktioniert nur, wenn er an der Oberfläche surft", so Hofer, der bei Stronach einiges Potenzial ortet, sich in Widersprüche zu verheddern. Und nun nach diesem "Frühstart" ein Jahr lang mit diesen Ansagen durchzuhalten, sei schwierig, meint der Politikexperte. "Wenn er nächstes Frühjahr gekommen wäre, ein paar Monate vor der Wahl, dann hätte er möglicherweise den Effekt verdoppelt." Die "One-Man-Show eines 80-Jährigen" ein Jahr durchzuhalten, kann mit viel Disziplin gelingen - die Frage sei aber, ob Stronach die hat, so Hofer. Schließlich sei er als erfolgreicher Unternehmer nicht gewöhnt, Widerspruch zu erleben. "Und den wird er jetzt erleben, und da werden wir erst sehen, wie er damit umgeht."

Match mit der FPÖ

Hofer rechnet damit, dass sich Stronach mit FPÖ-Heinz-Christian Strache ein Match liefern wird. "Die FPÖ muss fürchten, ihr Protestmonopol zu verlieren und das kann ihn auch zu einer Figur machen, die für das Anti-System steht."

Fraglich ist für Hofer, ob die andere Strategie Stronachs aufgeht: mit seiner persönlichen Lebensgeschichte den heimischen Arbeitern zu signalisieren, dass er einer von ihnen sei und es geschafft habe. "Ob diese österreichische Übersetzung des amerikanischen Traums tatsächlich funktioniert, ist die Frage."