Salman Rushdie - die Autobiographie

Unter dem Decknamen "Joseph Anton" - das ist ein literarisches Konstrukt aus "Joseph Conrad" und "Anton Cechov" - ist der Autor Salman Rushdie, der seit 23 Jahren auf der Flucht vor religiösen Fanatikern lebt, unter Polizeischutz von einem Ort zum anderen gezogen.1989 verfügte der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini eine Fatwa gegen ihn. Muslime weltweit sind aufgerufen, Rushdie zu ermorden. Erst vor kurzem erhöhte eine iranische Stiftung das Kopfgeld auf 3,3 Millionen Dollar. "Joseph Anton" ist der Titel seiner kürzlich erschienenen Autiobiografie. Ein Interview mit Salman Rushdie.

Er hat im Juni seinen 65. Geburtstag gefeiert, dass er diesen Tag erleben hätte können, daran hat es starke Zweifel gegeben in den letzten Jahrzenten. Viele Jahre hat Salman Rushdie in Verstecken zugebracht, bewacht von einem starken Polizeiaufgebot. Er erinnert sich sehr genau an den Tag, an dem er erfahren hat, dass der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini alle Muslime der Welt aufgerufen hat, ihn zu töten, wegen angeblicher Gotteslästerung.

Sehr schnell meldete sich die Polizei bei ihm, bot ihm ihren Schutz an und machte unmissverständlich klar, dass er die Drohung ernst zu nehmen hätte. Die Polizisten sprachen ganz offen von der Gefahr eines Terroranschlags im staatlichen Auftrag gegen ihn:

Als erstes musste er einen Decknamen auswählen, für die interne Verständigung unter seinen Bewachern. Den Namen, Joseph Anton, baute er aus den Namen seiner literarischen Idole: Joseph Conrad und Anton Tschechow. Und diesen Namen trägt jetzt auch der Titel seiner Autobiographie.

Salman Rushdie beschreibt Momente des Horrors, als er etwa aufgrund eines Missverständnisses stundenlang glaubte, seine Frau und sein Sohn seien gekidnappt worden. Anschläge gab es, nicht auf ihn, den streng Bewachten, aber sein japanischer Übersetzer wurde getötet, der italienische Übersetzer und der norwegische Verleger verletzt, Buchhandlungen in Brand gesteckt. Kein Werk von Einzeltätern, sagt Salman Rushdie, sondern staatlich organisierte Kriminalität, Auftragskiller. Erst als der iranische Staat das vor zehn Jahren einstellen ließ, "hat sich alles wieder mehr oder weniger normalisiert", so Rushdie.

Es gab Freunde und Unterstützer, auch in Österreich. Kulturminister Rudolf Scholten bat ihn zur Verleihung des Staatspreises für Europäische Literatur nach Österreich, wo er eine Reihe neuer Bekanntschaften schließen konnte. André Heller holte Salman Rushdie dann zum Fest der Freiheit auf den Wiener Heldenplatz, zum 50. Geburtstag der Zweiten Republik, und brachte ihn sogar dazu, eine ihm selbst völlig unverständliche Ansprache zu halten:

Von der Fatwa, dem Todesfluch Khomeinis gegen sein Person, bis zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zieht sich eine gerade Linie, sagt Salman Rushdie, es sind, so sagt er, politische Strömungen am Werk, die Profit aus Abgrenzung schlagen wollen.

Und so sieht Rushdie auch die jüngsten Attacken rund um das Mohammed - Video aus den Vereinigten Staaten als einen Ausdruck von religiös getarnter Machtpolitik. Wenn ein Stück Müll auf YouTube zu sehen ist, meint Rushdie, dann sollte man sagen, da ist ein Stück Müll auf YouTube, und nicht die halbe Welt in Flammen setzten.

Salman Rushdie ist mittlerweile wieder ganz ohne Bewacher unterwegs. Man könne nie ausschließen, dass irgendjemand auf dumme Gedanken kommt, meint er, aber akut gefährdet, so fühlt er sich im Augenblick ganz sicher nicht.

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