Kolumbien: Friedensverhandlungen in Oslo

Seit 1964 kämpft die linksgerichtete Rebellenbewegung FARC gewaltsam gegen die jeweiligen Regierungen in Kolumbien. Seit zehn Jahren wird die FARC vom kolumbianischen Militär aber immer weiter zurückgedrängt. Mehrere Friedensprozesse sind bereits gescheitert. Jetzt wollen beide Seiten erneut versuchen, den Konflikt beizulegen, am kommenden Montag beginnen in Oslo neue Friedensverhandlungen.

Mittagsjournal, 13.10.2012

Gefechte zwischen Militär und Guerilla

Abel Coucue hat genug vom Krieg. Vor einem knappen Jahr, erzählt Abel mit Tränen in den Augen, verlor er seine elfjährige Tochter. "Sie spielte vor unserem Haus als eine Granate der Guerilla explodierte. Ein Splitter traf sie ins Herz, sie war sofort tot ". Abels Frau zog die Konsequenzen. Sie hat die umkämpfte Cauca-Region im Süden Kolumbiens inzwischen verlassen. Abel aber ist geblieben. "Wir müssen unsere Mutter Erde hier verteidigen. Und zwar mit friedlichen Mitteln."

Die meisten Bewohner der Region sind wie Abel Indios. Sie stehen zwischen den Fronten des Bürgerkriegs, immer wieder kommt es in ihren Dörfern zu Bombenattentaten, Granatenangriffen und stundenlangen Gefechten zwischen Militär und Guerilla. Deswegen wollen die Indios nicht auf den ungewissen Ausgang der Friedensverhandlungen warten.

"Respektiert unser Leben und unser Land"

An einem Checkpoint des Militärs mit schwerbewaffneten Soldaten demonstrieren rund 1000 Menschen, die meisten Indios. Sie haben die Straße mit Bussen blockiert. Einer der Demonstranten ruft: "Wir sind heute hier, um an Marie Arley Salazar zu erinnern. Sie wurde vom Militär erschossen und als Guerilla-Kämpferin ausgegeben." Die Soldaten blicken skeptisch, als die Indios einen grün-rot bemalten Gedenkstein niederlegen. "Heute sagen wir den bewaffneten Akteuren: Respektiert unser Leben und unser Land!"

Die Indio-Bewegung CRIC fordert Militär und Guerilla auf, ihr Territorium zu verlassen. Zu groß sei die Zahl der zivilen Opfer des Konflikts. Bewaffnete, so ihre Argumentation, würden nur noch mehr Bewaffnete anziehen. Die Ureinwohner wollen stattdessen mit einer eigenen unbewaffneten Sicherheitstruppe für Ordnung sorgen.

Bürgerkrieg und Drogenhandel

In den vergangenen Monaten haben sie immer wieder mit spektakulären Aktionen auf ihre schwierige Situation aufmerksam gemacht. Im Juli besetzten rund tausend Indios einen Militärposten. Gleichzeitig marschierten rund dreitausend Demonstranten zu einem Kontrollpunkt der Guerilla. Die linke FARC, sagt Abel Coucue, habe ihre eigentlichen Ziele schon lange verloren: "Denen geht es nicht mehr um Gerechtigkeit. Es geht um wirtschaftliche Interessen und um ihren Anteil an der Macht."

Denn die Guerilla lebt vor allem vom Drogenhandel. Und Kolumbiens Südwesten ist eine der wichtigsten Drogenanbauregionen des Landes. Hier wachsen Koka, Mohn und Marihuana. Hier stehen die Labore, in denen Kokain und Heroin produziert werden und von hier aus ins Ausland gebracht werden. Drogenhandel und Bürgerkrieg befeuern sich gegenseitig. Und so ist es zweifelhaft, ob die Guerilla tatsächlich willens ist, die für sie so wichtige Region zu verlassen und auf ihre Profite aus dem Drogenhandel zu verzichten.