Schwierige Energiewende in Deutschland
Der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen bei der Stromerzeugung läuft in Deutschland alles andere als reibungslos. Kritisch, aber weniger dramatisch sieht die "Energie-Wende" der deutsche Ökonom Andreas Löschel von der Universität Heidelberg. Er war heute auf Einladung der Strom-Regulierungs-Behörde E-Control zu Gast in Wien.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.10.2012
Teils unsinnige Ausnahmen für Unternehmen
Für die deutschen Haushalte wird die Energie-Wende teuer, viel teurer als in Österreich. Die Öko-Strom-Zulage, die ein durchschnittlicher deutscher Haushalt im nächsten Jahr zahlen muss, beträgt 220 Euro und sie wird weiter steigen. In Österreich liegt sie derzeit unter 40 Euro. Ökonom Andreas Löschel sieht hier durchaus die Gefahr, dass die Bevölkerung irgendwann Nein zur Energie-Wende sagt: "Bisher gab es in der Energie-Wende noch nicht wirklich Kosten-Belastungen, die so auch kommuniziert wurden. Die Akzeptanzfrage ist noch nichts geklärt."
Großen Schaden haben hier die vielen Ausnahmen für die Industrie in Deutschland angerichtet, sagt Andreas Löschel von der Universität Heidelberg. Denn diese Ausnahmen seien zwar bei Aluminium-Herstellern gerechtfertigt aber bei Papier-und Pappe-Herstellern schon fraglich, weil sie leichter die höheren Kosten auf die Kunden überwälzen können. Außerdem kursieren Beispiele in den Medien, wonach sogar Brathendl-Hersteller, und Golfplätze Ausnahmen bekommen hätten. Hier müsse die deutsche Bundesregierung gegensteuern. "Diese Ausnahmen sind auf der einen Seite wichtig, weil viele energieintensive Unternehmen in Deutschland im internationalen Wettbewerb stehen. Auf der anderen Seite muss man es auch hinbekommen, dass man wirklich nur die ausnimmt, die es auch notwendig haben. Es ist wichtig unsinnige Ausnahmen zu streichen", sagt Löschel
Keine eigene Energiewende für jedes Bundesland
Ein weiteres großes Problem ist auch in Österreich nicht unbekannt: Wie bringt man die Bundesländer dazu, mit der Bundesregierung an einem Strang zu ziehen? Während nämlich gerade die Leitungen von Nord nach Süd um viel Geld ausgebaut werden, um Windstrom in die südlichen Bundesländer zu bringen, hat man dort andere Pläne. Man will energie-autark, also unabhängig von Stromimporten werden. "Es kann nicht sein, dass es in Deutschland 16 Energiewenden gibt", so Löschel.
Jetzt schon davon zu sprechen, dass die Energie-Wende zu scheitern droht, hält Andreas Löschel dennoch für verfrüht: "Wir sind gerade am Anfang eines Prozesses. Scheitern kann man heute noch nicht sagen."
Die Fortschritte bei der Energie-Wende hat Andreas Löschel gemeinsam mit drei Wissenschaftlern für die deutsche Bundesregierung beurteilt. Der Bericht wird Anfang Dezember veröffentlicht.