Aiginger: Sparkurs nötig, aber gestaltbar

Am Sparziel bis zum Jahr 2020 führt aufgrund der Schulden nichts vorbei, sagt der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) Karl Aiginger. Zurzeit würden aber nur die negativen Komponenten wie Kürzungen betont, nicht aber das Ziel, die betroffenen Länder wieder konkurrenzfähig zu machen.

Mittagsjournal, 14.11.2012

WIFO-Chef Karl Aiginger im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen

Sparkurs gestalten

In gewisser Weise büßen die Europäer jetzt für die Fehler ihrer Politiker, gibt Aiginger zu: "In den letzten zehn Jahren ist Vieles schiefgelaufen, man hat auf die Konkurrenzfähigkeit nicht gesetzt und nicht gesehen, dass es neue Konkurrenten gibt, die billiger produzieren. " Der Sparkurs könne allerdings unterschiedlich gestaltet werden. So könne man die niedrigsten Einkommen weiter kürzen oder bei den höheren Einkommen ansetzen, es könne die Steuerdisziplin verbessert werden. Der Sparkurs könne sich auf breite Bereiche auswirken, oder man könne sich auf bestimmte Stärken konzentrieren. So wären bei einem Ausbau der Solarenergie weniger teure Ölimporte notwendig.

Platz für Beschäftigung schaffen

Zum Thema Schuldenschnitt meint Aiginger, es sei wichtig, Platz für aktive Investitionen und Jugendbeschäftigung zu schaffen. Daher sei es notwendig, entweder einen Teil der Schulden zu erlassen oder eine ganz langfristige Schuldenrückzahlung über 50 oder 70 Jahre zu sehr niedrigen Zinsen zu ermöglichen. So seien auch schon andere Länder aus der Krise zu kommen. Neue Schulden dürften dafür aber nicht gemacht werden. Die meisten der Krisenländer hätten zum Beispiel noch immer sehr hohe Militärausgaben und Steuervergünstigungen für Reedereien oder auch für die Kirche, hebt der WIFO-Chef hervor.

Euro hat Probleme überdeckt

An der Krise sei jedenfalls nicht der Euro schuld, sondern "dass sich Länder, die immer relativ niedrige Kosten hatten, sich nicht daran gewöhnt haben, dass sie Konkurrenten haben, die jetzt noch billiger sind und ihre Strategie nicht umgestellt haben." Der Euro habe diese Entwicklung einige Zeit überdeckt, weil die Inflation gesunken sei und die Euro-Kredite billig gewesen seien. "Der Euro hat die Probleme vielleicht verdeckt, aber er hat sie nicht erzeugt", so Aiginger.

Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) Karl Aiginger koordiniert im Auftrag der EU-Kommission die Arbeit europäischer Wirtschaftsinstitute.