Korsika im Bandenkrieg

In Frankreich hat nicht nur die Mittelmeermetropole Marseille mit einer zunehmend brutalen Gewaltkriminalität zu kämpfen, auch die Mittelmeer- und begehrte Urlaubsinsel Korsika kommt nicht zur Ruhe. Gestern Abend ist dort in Ajaccio der Präsident der Industrie- und Handelskammer Korsikas erschossen worden - mittlerweile das 17. Todesopfer allein in diesem Jahr in einem undurchsichtigen Krieg zwischen verschiedenen Clans. Die Republik scheint machtlos.

Mittagsjournal, 15.11.2012

Wie eine Hinrichtung

Es glich einer Hinrichtung. Als der Präsident der Industrie- und Handelskammer gestern Abend seine Boutique mitten in der Hauptstraße und Fußgängerzone von Ajaccio schloss, tauchte ein vermummter auf, streckte ihn mit mehreren Schüssen nieder und konnte unbehelligt zu Fuß fliehen. Geschockte Passanten und Augenzeugen: Ich habe Schüsse gehört und bin runtergegangen, wir kannten Jacques Nacer gut als Nachbarn und er ist eine wichtige Persönlichkeit, sehr sympathisch. Es muss Schluss sein damit, wirklich, wir haben genug davon. Wir leben eine völlig verrückte Epoche, alles geht den Bach runter, das ist erbärmlich und nicht zu verstehen, vor allem weil er jemand war, der in keinerlei dunkle Geschichten verwickelt war.

Hollande schickt Minister

Staatspräsident Hollande hat noch in der Nacht die Justizministerin und den Innenminister nach Korsika beordert und gestern Abend sofort persönlich reagiert: Korsika wird schon seit zu vielen Jahren von Morden überschattet, man muss handeln und die Regierung hat dies schon seit Wochen beschlossen, um die wirklichen Gründe für diese Morde an mehreren Persönlichkeiten zu finden und um Klarheit zu schaffen über eine Reihe von dunklen Geschäften und klientelistischen Zuständen.

Schon 17. Mord heuer

Die Gewaltkriminalität auf der Insel mit kaum 300.000 Einwohnern und die Unfähigkeit, auch nur eines der jüngsten Verbrechen aufzuklären , ist innerhalb weniger Wochen wieder einmal zu einem Problem von nationaler Bedeutung geworden. Hintergrund für die insgesamt 17 Morde in diesem Jahr sind nicht mehr, wie früher, Differenzen unter verschiedenen korsisch-nationalistischen Bewegungen, sondern eine grassierende Finanz- Wirtschafts- und Bandenkriminalität, der Vorsitzende der korsischen Anwaltskammer sprach heute Morgen von sizilianischen Zuständen.

Die gezielte Tötung des Präsidenten der korsischen Wirtschaftskammer erfolgte nur einen Monat nach dem Mord an einem der namhaftesten Strafanwälte Korsikas, der damals schon die gesamte Insel erschüttert hatte. Dominique Bucchini, Präsident des korsischen Regionalrates: Der Staat muss sich endlich um die Wurzel des Übels kümmern, und die Wurzel des Übels ist das große Geld. Das korsische Milieu will sich die Küstenregionen unter den Nagel reißen, das kann nicht so weitergehen, die Gesetze der Republik müssen hier genauso angewandt werden, schließlich sind wir immer noch in der Republik.

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