MAK: Wien um 1900

Mit der Neuaufstellung der Schausammlung "Wien um 1900" besinnt sich das Museum für Angewandte Kunst auf seine Kernkompetenz und zeigt seine zahllosen Schätze aus jener Zeit, von denen viele jahrzehntelang in den Depots verräumt waren. Zu sehen sind Stoffe, Möbel und kleine Kunstgegenständen aus der Zeit von 1890 bis 1938 - von Josef Hoffmann, Koloman Moser oder Dagobert Peche.

Mittagsjournal, 20.11.2012

Würdig aber mit deutlichen Gebrauchsspuren steht da etwa der große Holztisch, den Otto Wagner 1902 für die Radaktion der "Zeit" angefertigt hat. Oder ein Schreibschrank von Koloman Moser, der in seiner extremen Einfachheit fast provokant avantgardistisch ist. Neben diesen Berühmtheiten gibt es in der Ausstellung auch wenig bekannte Künstler zu entdecken, wie ein exzentrisches Möbelstück von der Kunstgewerbeschülerin Rosa Kren, dessen Holzeinlegearbeiten an afrikanische Stoffmuster erinnern. Generell hat man damals die Ornamente der Volkskunst neu entdeckt, wie Christian Witt-Dörring, der Kurator der Schau erklärt.

Witt-Dörring stellt viele Vergleichsstücke aus ganz anderen Zusammenhängen neben die Exponate, was manchmal einige Verwirrung stiftet. Verdienstvoller ist, dass er dem Ersten Weltkrieg als bisher wenig beleuchteter Zäsur in dieser Ära besonderes Augenmerk widmet. Da gibt es feine Häkeleien mit Schlachtmotiven zu sehen oder patriotische Gläser in den Farben der Monarchie. Unter anderem von Dagobert Peche. Es sei erstaunlich, was Peche aus patriotischen Themen mache, meint Witt-Dörring, den normalerweise seien die eher peinlich. Bei Dagobert Peche wirkte das gar nicht peinlich, sondern war eben: Kunst! Gleich daneben stehen Küchenkredenzen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, ein "formal gutes, aber aus billigen Materialien" hergestelltes Stück, so Witt-Dörring.

Hochwertige Handwerkskunst

Billig waren nur die verwendeten Materialien: Die Kriegsmöbel waren handwerklich noch immer sehr aufwändig gearbeitet - jeder Beschlag eine Einzelanfertigung. Generell zeichnet hochwertige Handwerkskunst die österreichischen Produkte dieser Epoche aus. Das erkennt man beim Anblick eines kühlen, bereits industriell gefertigten Stahlrohrsessels aus Deutschland, der neben einem zeitgleich entstandenen blumigen Fauteuil von Josef Hoffmann steht. Wie der Österreicher Josef Frank einmal gesagt haben soll "ist Stahlrohr kein Material, sondern eine Weltanschauung" Seine war es jedenfalls nicht. Und selbst wenn er einen Blumentisch in Metall arbeitete, dann war dieser weich und sanft schwingend.

Einen zeitgenössischen Blick auf Wien um 1900 hat die amerikanische Künstlerin Pae White geworfen, die eine kleine Auswahl anonymer Objekte aus den Depots zusammengetragen hat. Ab Mai wird sie in einer überarbeiteten Variante der Ausstellung mit einer Spiegelinstallation zur atmosphärischen Veränderung der Schauräume beitragen.

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