Der Typ aus dem Song
Als die Band Culture Club im September 1982 die Single "Do You Really Want To Hurt Me" auf den Markt brachte, war der Sänger der Band, Boy George, nicht sicher, ob diese Nummer wirklich veröffentlicht werden sollte. Denn im Text singt Boy George von seiner stürmischen Affäre mit dem Drummer der Gruppe, Jon Moss.
8. April 2017, 21:58
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Obwohl Moss heterosexuell war, wurden er und Boy George schnell Liebhaber, die ihre Affäre nicht nur vor den Medien und der Öffentlichkeit geheim hielten, sondern auch vor den anderen Bandmitgliedern. Ihre Beziehung war turbulent und manchmal gewalttätig. Das Ende ihrer Liaison löste das Ende von Culture Club aus.
Auf den Erfolg der Single angesprochen, meinte Boy George einmal, der Song sei deshalb weltweit so populär gewesen, weil es ein Liebeslied sei. Und Liebeslieder eben die mächtigsten Lieder seien.
Schmähsong auf Paul McCartney
Dass man einem Bandkollegen nicht unbedingt in Liebe zugeneigt sein muss, um ihn in einem Song zu verewigen, das demonstrierte John Lennon im Jahre 1971. Auf der LP "Imagine" findet sich der Song "How Do You Sleep", eine bitterböse Abrechnung mit dem ehemaligen Bandkollegen Paul McCartney.
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Fast jede Zeile des Songs ist ein brutaler Angriff auf den Freund seiner Kindheit, auf den Einfluss seiner Partnerin Linda und seines Umfelds. Eine der traurigsten Zeilen schmälert Pauls Beitrag als Komponist der Beatles: Seine Musik wird als muzak - Fahrstuhlmusik - bezeichnet.
Hommage an Syd Barrett
50 Songs haben Michael Keatley und Frank Hopkinson für ihr Kompendium ausgewählt. Was auffällt: Viele der Songs sind Bandkollegen und Musikern gewidmet. Pink Floyds "Shine on You Crazy Diamond" zum Beispiel handelt von Syd Barrett, dem mythenumrankten ersten Sänger der Gruppe. Am Anfang war Barrett die Stimme, das Hirn und das Herz von Pink Floyd. Die ersten beiden Singles hatte er geschrieben, und acht der elf Stücke des Debütalbums stammten aus seiner Feder, an zwei weiteren hatte er mitgearbeitet.
Nach dem ersten Album aber zog sich Barrett immer mehr in seine eigene Welt zurück und war kaum noch ansprechbar. Als er die Band verließ, waren viele überzeugt, dass Pink Floyd vor dem Aus stünde. Die Band machte jedoch weiter und wurde zu einer der wichtigsten Gruppen der Popgeschichte. 1975 erschien auf dem Album "Wish you Were Here" ihr Tribut an Syd Barrett.
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Bizarrerweise tauchte Syd 1975 während der Aufnahmen zu dem Album im Studio auf. Er hatte zugenommen und sich den Kopf rasiert. Der Keyboarder Richard Wright erkannte ihn nicht einmal. "Ich habe diesen Typen gesehen, der auf und ab sprang und sich die Zähne geputzt hat. Und dann hat mir jemand gesagt, dass das Syd sei."
Der "Tit Man"
Einige Songs in dem Buch sind Kindern gewidmet. "Hey Jude" von den Beatles schrieb Paul McCartney für den damals fünfjährigen Sohn von John Lennon, Julian Lennon. Der Song sollte Julian trösten, waren seine Eltern doch gerade in einen erbitterten Scheidungskrieg verstrickt.
"Rufus Is A Tit Man" schrieb Loudon Wainwright III. für seinen Sohn Rufus Wainwright. Wainwright besingt darin die Eifersucht auf seinen Sohn, der permanent an den Brüsten der Mutter saugen darf.
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Die wunderbare Ironie des Songs kam erst in den Achtzigern heraus, als Rufus seinen Eltern erklärte, dass er schwul sei und ganz sicher nie ein Tit Man sein würde.
Das Buch von Michael Keatley und Frank Hopkinson ist ein unterhaltsamer Streifzug durch die Popgeschichte. Die Autoren erklären kurz Entstehungsgeschichte und Bedeutung der 50 ausgewählten Songs. Das trägt nicht nur dazu bei, die Lieder besser zu verstehen, es macht auch Lust, sie wieder einmal zu hören.
Service
Michael Heatley & Frank Hopkinson, "Der Typ aus dem Song", Deutsche von Madeleine Lampe, Verlag Schwarzkopf und Schwarzkopf
Schwarzkopf und Schwarzkopf - Der Typ aus dem Song