Hörspiel nach Gedichten von Christine Nöstlinger

Iba de gaunz oamen Leit

1970 erschien das erste der mittlerweile mehr als hundert Kinder- und Jugendbücher, die die studierte Graphikerin Christine Nöstlinger nicht nur zur international renommierten Autorin machten, sondern auch von Anfang an keinen Zweifel am sozialkritischen Grundton ihres Gesamtwerkes ließen.

1974 erschien - in ziemlich rauem Wiener Vorstadtdialekt verfasst - der erste Band ihrer lyrischen Betrachtungen „Iba de gaunz oaman Kinda“, der dann im Lauf der Jahre mit „Iba de gaunz oaman Fraun“ und „Iba de gaunz oaman Mauna“ zur kritisch-komischen Trilogie „Iba de gaunz oamen Leit“ anwuchs.

Nöstlinger berichtet, scheinbar leidenschaftslos, in freien rhythmischen Versen von den vielen Gesichtern der Armut, die ja keineswegs nur das Fehlen materiellen Wohlstandes bedeutet, sondern auch Reduktion aller anderen Daseinskomponenten auf das schlichte Überleben: Also Gefühlsarmut und seelische Verkümmerung, Aggression aus Angst vor der Leere, Sehnsucht und andere Süchte, ängstliche Abhängigkeiten, Einsamkeit und all die anderen Formen von Seelennot, die kaum weniger geworden sind, seit das Elendsmilieu den Aufstieg auch in die oberen Stockwerke der Sozialwohnbauten geschafft hat.

... Oba nia ned kummd a Auntwuart. ...

Genau dort, im „Wohnblock“, lässt Nöstlinger sie selber erzählen, die „gaunz oamen Leit“, gibt ihnen Stimme und Standpunkt und damit auch die Chance auf Mitgefühl, vielleicht sogar auf ein bisschen Sympathie.

Für die Bühnenfassung des Rabenhof-Theaters wurde eine Auswahl dieser Dialektgedichte zu einer Geschichte verdichtet und verschiedenen Bewohnerinnen und Bewohnern eines Gemeindebaus in den Mund gelegt. Auch in der Hörspielversion sind Ingrid Burkhard und Gerald Votava als Mutter und Sohn zu hören, die Frau und den Mann geben wiederum Ursula Strauss und Christian Dolezal. Wolfgang Schlögl komponierte die Musik zur „tragikomischen Elektronikoper“, Regie führt Anatole Sternberg.

Ö1 CD

Christine Nöstlinger, "Iba de gaunz oamen Leit", ORF-CD 766