Freisprüche im BAWAG-II-Prozess
Im zweiten BAWAG-Strafprozess hat das Schöffengericht heute sechs von sieben Angeklagten freigesprochen. Lediglich Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger, der im ersten Prozess ein Teilgeständnis abgegeben hatte, wurde zu einem Monat bedingter Haft verurteilt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.12.2012
Kein Schädigungsvorsatz
Wolfgang Flöttl, Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz, die früheren Bankvorstände Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker und Christian Büttner sowie der Wirtschaftsprüfer Robert Reiter erhielten Freisprüche. Richter Christian Böhm begründete die heutigen Freisprüche des Schöffensenats damit, dass bezüglich des Anklagevorwurfs der Untreue der Schädigungsvorsatz der Bank gegenüber gefehlt habe, die subjektive Tatseite sei also nicht vorhanden gewesen. Elsner und Zwettler hätten die übrigen Beteiligten getäuscht, bei den verlustreichen Spekulationen Flöttls mit BAWAG-Geldern und der Vertuschung der Verluste hätten die anderen auf Elsners Angaben vertraut. Zu Flöttls Pflichten als internationaler Investmentbanker gehöre es nicht, dass er überprüfe, ob die Bank ihm so viel Geld für Spekulationsgeschäfte überhaupt überlassen durfte. Die Prüfung der Großveranlagungsgrenze sei nicht seine Pflicht gewesen.
Staatsanwalt überlegt noch
Im ersten Strafverfahren unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner hatten die Angeklagten teils mehrjährige Haftstrafen erhalten, die vor zwei Jahren vom Obersten Gerichtshof (OGH) gekippt worden waren. Die Freigesprochenen zeigten sich nach der Urteilsverkündung erleichtert. Flöttl erklärte, er sei sehr froh. Das Urteil selbst wolle er nicht kommentieren. Weninger akzeptierte seine Verurteilung zur Minimalstrafe von einem Monat bedingt betreffend Bilanzfälschung beim ÖGB, diesbezüglich hatte er bereits im ersten Prozess ein Teilgeständnis abgelegt. "Das Urteil ist gerecht", meinte der ehemalige ÖGB-Finanzreferent, daher werde er es auch nicht anfechten.
Staatsanwältin Sonja Herbst gab keine Erklärung ab. Die Staatsanwaltschaft hat nun drei Tage Zeit, um die Urteile zu bekämpfen.
Elsner-Anwalt fordert Wiederaufnahme
"Dieses Ergebnis schreit nach einer Wiederaufnahme", meinte Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger nach der Urteilsverkündung. Wenn den heute freigesprochenen Angeklagten keine subjektive Tatseite nachzuweisen sei, dann müssten dies auch den bereits Verurteilten - neben Elsner Ex-Vorstand Zwettler und Nakowitz - zugute kommen.