"räuber.schuldengenital" im Akademietheater

Heute Abend wird am Wiener Akademietheater das neue Stück des erst 35-jährigten österreichischen Dramatikers Ewald Palmetshofer uraufgeführt: "räuber.schuldengenital" - so der möglicherweise verwirrende Titel dieses Auftragswerks für das Burgtheater.

2008 wurde Palmetshofer von der Zeitschrift "theater heute" zum Nachwuchsautor des Jahres gekürt. Im selben Jahr war er Hausautor des Wiener Schauspielhauses.

Mittagsjournal, 20.12.2012

Nach Shakespeares "Hamlet" und Goethes "Faust" ist "räuber-schuldengenital" - frei nach den "Räubern" von Friedrich Schiller - die dritte Auseinandersetzung Ewald Palmetshofers mit großen Klassikern. Doch mit Schillers "Räubern" hat das neue Stück nur wenig gemeinsam: die Vornamen der zwei Brüder - nämlich Franz und Karl - und die Problematik um das Erben.

Diese junge Generation ist ziemlich illusionslos, und die beiden ziemlich heruntergekommenen Brüder schicken sich an, von den Eltern ihren Erbteil schon jetzt zu verlangen. Sie reisen per Autostopp in einer Welt, wo es nichts mehr gibt, vor allem nichts, an das man glauben könnte.

Franz und Karl laden sich bei den Eltern ein. Doch die sind wenig begeistert: der Vater, Otto, vermutet sofort, dass sie nur aus Geldgründen kommen und beide Eltern sind sich ihrer Schuld bzw. Schulden bewusst. Der Schuldenberg steht dann im Text metaphorisch für Ottos Erektion. Als Pendant gibt es dann noch die Nachbarn: die im Rollstuhl sitzende Edith und ihre Tochter Petra. Beide schenken sich nichts.

Eigener Rhythmus

Wenn auch so etwas wie eine Geschichte erzählt wird, so verwendet Palmetshofer die Sprache in einem ihm eigenen Rhythmus, der Distanz zwischen den Figuren schafft, und der keine wirklichen Dialoge erlaubt. Oft sind es Tiraden, die sich etwa um wiederkehrende Themen wie Tod oder Sexualität drehen. Oder einfache Lehrsätze.

So kristallisiert sich im Laufe des Stücks die düstere Erkenntnis des Autors heraus, dass politische Ideale und Utopien der vergangenen Jahrzehnte einer großen, nur noch von Materialismus bestimmen Leere Platz gemacht haben. Gewissermaßen als Illustration der dem Stück vorangestellten Maxime des französischen Philosophen und Romanciers Alain Badiou, nämlich "Leben ohne Idee". Und das kann - wie im Stück - in Gewalt enden.

Regisseur Stephan Kimmig schafft es, die komplexe Sprache Ewald Palmetshofers in eindrucksvolle Bilder umzusetzen, wo die Akteure mal real, dann wieder sich selbst überdimensional per Video auf eine Leinwand projizierend, dann wieder mit Masken präsent sind.

Die heutige Uraufführung eines Palmetshofer-Stücks ist übrigens die erste in Wien, die nicht im Schauspielhaus stattfindet.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Akademietheater ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Burgtheater - räuber.schuldengenital

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