China: Protest gegen Zensur

In China wagen hunderte Menschen den offenen Protest gegen Pressezensur. Um gegen die staatliche Zensur von Artikeln in einer als liberal bekannten Zeitung zu demonstrieren, sind sie die Menschen in Südchina auf die Straße gegangen.

Offene Kritik eine Seltenheit in China

Was sich vor den Reaktionstüren der Zeitung Nanfang Zhoumo in der Millionenstadt Guangzhou abspielt gibt es in China nicht aller Tage zu sehen. Hunderte, meist junge Menschen, versammeln sich auf der Straße, drücken den Journalisten der Zeitung ihre Solidarität aus und kritisieren offen Chinas System der Zensur, die in letzter Zeit trotz gegenteiliger Beteuerungen der politischen Führer wieder strikter wird. "Es handelt sich um einen klaren Fall von Unterdrückung der Pressefreiheit. Wir müssen das in China ändern. Sonst erfährt die Öffentlichkeit nie wahre Fakten und Tatsachen.", meint ein junger Mann. "Ich bin hier um zu sagen, dass die Journalisten dieser Zeitung nicht allein sind. Es gibt viele Menschen, die sie unterstützen."

Auslöser: Zeitungszensur

Den Protest ausgelöst haben die Journalisten der Wochenzeitung. Sie hatten kritisiert, dass zur Jahresbeginn ein Leitartikel mit der Forderung nach mehr Rechtsstaatlichkeit nicht erschienen ist und stattdessen durch eine plumpe Huldigung der Kommunistischen Partei ersetzt wurde. Dahinter soll der für die Millionenstadt Guangzhou zuständige Propagandachef der Partei stehen. Eine Gruppe von Intellektuellen und einflussreichen Wissenschaftlern hat unterdessen in einem offenen Brief den Propagandachef zum Rücktritt aufgefordert. Derzeit ist unklar, ob Journalisten der Zeitung tatsächlich wie angekündigt die Arbeit niedergelegt haben.

Polizei greift nicht ein

Dass die Polizei selbst dann nicht eingreift als einer der Demonstranten lautstark zum Ende der kommunistischen Diktatur aufruft zeigt in welch schwieriger Lage sich die Behörden befinden. Die Wochenzeitung Nanfang Zhoumo gilt als eine der liberalsten Stimmen Chinas, doch sind ihre Artikel trotz allem ziemlich gemäßigt. Sie einfach zu verbieten wäre peinlich und würde in der so aktiven Bloggerszene Chinas erneut für eine Welle der Wut sorgen. Dass jüngst vor allem im Internet die Zensurmaßnahmen weiter verstärkt wurden, lässt Zweifel aufkommen an der Reformbereitschaft der neuen Führer in China. KP-Chef Xi Jinping hatte mehrmals die Bereitschaft zu politischen Reformen signalisiert. Doch sind damit wohl kaum demokratische Reformen nach westlichem Vorbild gemeint. Man will Missstände innerhalb der Partei bekämpfen, an ihrem Allmachtsanspruch darf hingegen nicht gerüttelt werden.

Morgenjournal, 8. 1. 2013