Küssel-Prozess: Berufung
Neun Jahre Haft für den Rechtsextremisten Gottfried Küssel - auf den ersten Blick eine hohe Strafe in erster Instanz. Nun stellt sich die Frage: Wird das Urteil in der nächsten Instanz halten? Denn der Verteidiger von Küssel hat noch gestern angekündigt, dagegen zu berufen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 11.1.2013
Strafrechtsexperte: "Strafmaß nachvollziehbar"
Zwanzig Jahre Haft wären möglich gewesen, denn das Gericht hat diesen im Verbotsgesetz vorgesehen höheren Strafrahmen herangezogen. Begründung der Richterin gestern: Durch die Verbreitung über das Internet sei von einer besonderen Gefährlichkeit und von gravierenden Taten auszugehen. Aus Sicht des Strafrechtsexperten Alois Birklbauer sind die neun Jahre durchaus angemessen: "Aufgrund des belastenden Vorlebens ist das auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar, wenngleich auch streng."
Das Vorleben von Gottfried Küssel habe bei der Strafhöhe eine Rolle gespielt, sagt Alois Birklbauer. Küssel wurde schon elfmal verurteilt, auch wegen Wiederbetätigung, 1994 zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren. Das hat auch die Richterin als erschwerenden Umstand betont. "Das Vorleben ist bei der Bemessung der Höhe der Strafe zu berücksichtigen, das sieht das Gesetz ausdrücklich vor. Insofern ist es klar, dass das Urteil bei ihm höher ausgefallen ist", so Birklbauer.
"Geschworenenurteil schwer zu bekämpfen"
Der Strafrechtsexperte geht auch davon aus, dass das Urteil in zweiter Instanz eher halten wird: "Die Schwierigkeit bei Geschworenenprozessen besteht darin, dass ein Geschworenenurteil nicht begründet ist und von Vornherein sehr schwer bekämpfbar ist. Wenn beim Ersttäter im Regelfall ein Drittel der möglichen Strafe verhängt wird, dann ist es bei einem Wiederholungstäter, für den knapp unter der Hälfte der möglichen Strafe ausgesprochen wird, durchaus im Bereich des Angemessenen, sodass es eher schwer sein wird, dieses Urteil im Rechtsmittelweg zu verändern."
Der Computer von Gottfried Küssel war übrigens der einzige der Angeklagten, der nicht ausgewertet werden konnte. Denn der Rechner war ausgeschaltet, die Festplatte war verschlüsselt, Küssel hat keine Zugangscodes verraten, und die Ermittler konnten sie nicht knacken. Laut Experten ist das nur bei laufenden Geräten möglich. Die beiden anderen Angeklagten hat die Polizei vor eingeschalteten Rechnern erwischt, ihre E-Mails wurden entschlüsselt und ausgewertet.
Nicht nur, was das Vorleben, auch was die Bedeutung der Person Küssel betrifft, ist das Gericht gestern der Einschätzung der Staatsanwaltschaft gefolgt: Er sei der führende Kopf der österreichischen rechten Szene und nicht, wie von der Verteidigung behauptet, ein mittlerweile braver Familienvater, der einen Bioladen betreibt.