Pakistan in der Krise

Die Atmommacht Pakistan durchlebt momentan eine Führungskrise. Seit Tagen demonstrieren zehntausende Menschen gegen die korrupte Regierung und jubeln dem selbsternannten Revolutionsführer Tahir Ul Qadr zu. Jetzt demonstriert auch noch der Oberste Gerichtshof seine Macht und hat die Festnahme des Premierministers angekündigt.

Abendjournal, 15.01.2013

Premier soll festgenommen werden

Es sind schwere Geschütze, die der Oberste Gerichtshof in Islamabad heute auffährt: Regierungschef Raja Pervez Ashraf sei festzunehmen, heißt es. Spätestens morgen habe er vor Gericht zu erscheinen. "Der Oberste Gerichtshof hat die absolute Macht und die volle Autorität, die Festnahme des Premierministers anzuordnen", erklärt Oberstaatsanwalt Akram Sheikh, "niemand genießt Immunität, wenn es sich um ein Verbrechen handelt."

Korruptionsverfahren gegen Ashraf

Seit Jahren schon läuft gegen Ashraf ein Korrutionsverfahren. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Wasser- und Energieminister Schmiergelder für die Vergabe von Energieprojekten kassiert zu haben. Jetzt greift die Justiz zum äußersten Mittel und weckt damit alte Erinnerungen. Denn schon einmal hat der Oberste Gerichtshof einen Regierungschef seines Amtes enthoben. Das scheint er jetzt wiederholen zu wollen. Und macht sie dabei die Anti-Regierungs-Stimmung in der Bevölkerung zu Nutze.

Großdemonstrationen gegen Regierung

Denn seit Tagen demonstrieren zehntausende Pakistani gegen die Regierung, angeheizt durch Muhamad Ul Qadr, einem selbsternannten Revolutionsführer, der die Armut und Frustration der Bevölkerung für sich zu nützen weiß. "Die Leute im Westen leben im Himmel, wir leben hingegen in der Hölle", ruft er seinen Anhängern zu. "170 Millionen Pakistani haben keine Elektrizität, kein Benzin, kein sauberes Wasser, keine Arbeitsplätze, kein Gesundheitssystem, keine Häuser, kein Essen. Welche Gesellschaft, welche Regierung kann das rechtfertigen?"

Regierung unter Druck

Nur die Justiz und die Armee könnten Pakistan aus dieser Misere führen, wettert Ul Qadr. Ein eindeutiger Schwenk in Richtung Militär, das seit Jahrzehnten eine mächtige Rolle in Pakistan spielt. Die Proteste gegen die Regierung kommt der Armee nur gelegen, Beobachter vermuten sogar, dass sie Muhamad Al Qadr finanziell unterstützt. Der Plan scheint aufzugehen. Die Bevölkerung tobt: "Korruption ist alltäglich", sagt eine Demonstrantin in Islamabad, "und die Regierung ist unfähig. Jeden Tag ist unser Leben in Gefahr. Wenn das Demokratie ist, brauchen wir sie nicht." Die Regierung gerät also zunehmend unter Druck. Und die Festnahme des Ministerpräsidenten ist nun Wasser auf den Mühlen ihrer Gegner.