Immofinanz-Prozess beginnt
Am kommenden Dienstag beginnt der erste Prozess um die Affäre der Constantia Privatbank und der Immobiliengesellschaft Immofinanz. Angeklagt wegen des Verdachts der Untreue und der Bildung einer kriminellen Vereinigung sind Ex-Immofinanzchef Karl Petrikovics und vier weitere Personen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.1.2013
Ungeahnte Dimensionen
Eine Anzeige der Finanzmarktaufsicht hat vor vier Jahren die bisher umfangreichsten Ermittlungsverfahren österreichischer Staatsanwaltschaften ausgelöst. Es war eine Anzeige wegen des Verdachts der Bilanzfälschung in der Constantia Privatbank und der Immobiliengesellschaft Immofinanz. Die Erhebungen der Staatsanwaltschaft Wien haben dann bis dahin ungeahnte Dimensionen angenommen. Nicht nur die Buwog-Ermittlungen unter anderem gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurden ins Rollen gebracht - sondern letztlich auch die umfangreichen Ermittlungen gegen die Telekom-Austria.
Wie Wetten im Nachhinein
Beim nun beginnenden Prozess geht es um ein Schadensausmaß von 32 Millionen Euro, das die Staatsanwaltschaft dem Ex-Immofinanzvorstand Karl Petrikovics, einem weiteren Ex-Vorstand und einem Ex-Aufsichtsrat vorwirft. Den Großteil dieser Millionen aus dem Immofinanz-Constantia-Firmengeflecht hätten sie sozusagen in die eigene Tasche gesteckt. Zitat aus der Anklageschrift: "Sie verfolgten das Ziel, sich in größtmöglichen Ausmaß zu bereichern, ohne Rücksicht auf die von ihnen vertretenen Gesellschaften und Anleger." Gelaufen sei das über rückdatierte Aktienoptionsgeschäfte bzw. Aktien-Termingeschäfte, wobei für die Angeklagten "nie die Gefahr bestand, mit einem Verlust auszusteigen." Der heutige Immofinanz-Rechtsabteilungschef Josef Mayer vergleicht diese Options-Geschäfte mit Fußball-Wetten: "Eine Option rückdatieren, das ist wie wenn man am Montag eine Wette abgibt auf das Spiel vom Sonntag. Da tippt man im Allgemeinen richtig und das ist deshalb auch nicht zulässig."
Treuhänder als Strohmann
Man könnte auch sagen: Es sollen mehrere Millionen Immofinanz- und Immoeast-Aktien zu einem Kurs von rund elf Euro verkauft worden sein, die um einen Kurs von etwa sechs Euro erworben wurden. Nur sollen die drei Hauptangeklagten dafür nie einen Cent bezahlt haben. Bezahlt hat laut Anklageschrift die Immofinanz. Wörtlich ist die Rede von einem "fiktiven Gewinn aus fiktiven Verkäufen von fiktiv zugewiesenen Aktien". Josef Mayer erklärt das so: "Ganz einfach: Der Vorstand schreibt sich selbst Optionen, die er rückdatiert zu einem Optionspreis unter den Tageskursen. Dadurch weiß man automatisch, man hat einen garantierten Gewinn in der Differenz. Und damit es nicht so auffällt, schreibt man diese Optionen nicht auf sich, sondern auf einen Treuhänder." Laut Anklage soll der mitangeklagte Treuhänder als Strohmann fungiert und die Millionen an die beiden Ex-Vorstände und den Ex-Aufsichtsrat weitergeleitet haben.
Anwalt: "Rechtsanspruch"
Petrikovics-Anwalt Otto Dietrich sagt allerdings: "Es hat selbstverständlich einen Rechtsanspruch auf Basis eines gültigen Aufsichtsratsbeschlusses gegeben, die Aktien zu erwerben und den sich daraus ergebenden Kursgewinn zu lukrieren. Die Ermittlungen sind da leider unvollständig geblieben." Die Staatsanwaltschaft interpretiert den Aufsichtsratsbeschluss ganz anders. Und außerdem vermutet sie, dass die Beschuldigten ein Schuldeingeständnis gemacht haben - durch eine Wiedergutmachungszahlung. Immofinanz-Rechtsabteilungchef Mayer: "Etwa sieben Millionen wurden als Wiedergutmachungszahlung einbezahlt. Der verbliebene Schaden ist bei uns beziffert mit etwas über elf Millionen." Die Staatsanwaltschaft hat die Zahlung nicht als rechtzeitige Wiedergutmachung gewertet und hat daher weiter ermittelt.
Weitere Affären
Man ist auch auf die Causa-Buwog gestoßen, den Kauf der Bundeswohnungen durch die Immofinanz zum Bestbieter-Preis von 961 Millionen Euro - nach dem entscheidenden Tipp von Grasser-Freund Walter Meischberger und dem Lobbyisten Peter Hochegger. Einige Telefonüberwachungen, Hausdurchsuchungen und Einvernahmen später flog der Telekom-Lobbying-Skandal auf. Aber das ist dann schon eine andere Geschichte.