Max Ernst: Retrospektive in der Albertina

Max Ernst war einer der ganz großen Maler und Grafiker des 20. Jahrhunderts, einer der führenden Künstler des Surrealismus. Die Wiener Albertina widmet ihm jetzt eine große Retrospektive, die erste in Österreich. Sie entstand in Zusammenarbeit mit der Fondation Beyeler in Basel, wo die Ausstellung im Anschluss hingehen wird.

Morgenjournal, 22.1.2013

Surreale Welten

Max Ernst hat in seinen Bildern Tausende bizarre Mischwesen kreiert, teils Mensch, teils Tier oder Monster, Gegenstand oder Maschine. Diese Schimären setzt er in wüstenartige Landschaften vor leere Horizonte.

Max Ernst arbeitete an der Visualisierung des Unbewussten, wie es sich in den phantastischen Szenarien der Träume manifestiert. Das verbindet ihn mit anderen surrealistischen Malern wie Salvador Dali. Aber anders als Dali hat er sich nie an den kommerziellen Erfolg verraten.

Die Bilder von Max Ernst haben noch in den abgründigsten Szenen eine hermetische Stille, die fesselt. Es ging ihm aber nicht nur um das Spiel mit surrealer Traumlogik, sondern auch um seine ganz konkrete Erfahrung mit dem Horror des 20. Jahrhunderts, erklärt Kurator Werner Spies: "Er malt Bilder der Zerstörung, Städte, die verwittern und von der Natur wieder aufgefressen werden, zurückgeholt werden in eine Zeit, von der man nicht sagen kann, ist es die Zeit, bevor der Mensch existiert, oder nachdem der Mensch aufgehört hat zu existieren."

Max Ernst war Soldat im Ersten Weltkrieg, wurde in Frankreich als sogenannter feindlicher Ausländer zweimal interniert, emigrierte schließlich für zwei Jahrzehnte in die USA.

Der Kurator Werner Spies

Alle wesentlichen Aspekte seines Werks sind vertreten in dieser Retrospektive, auf die Werner Spies zutiefst stolz ist: "Es wird eine Wanderung sein durch eine Wunderwelt".

Werner Spies, ehemals Direktor des Centre Pompidou, war ein enger Freund von Max Ernst und hat das Verzeichnis über dessen riesiges Werk erstellt. Der Max Ernst-Papst ist inzwischen ein Stück weit vom Thron gestürzt, weil er sechs Max-Ernst-Fälschungen für echt erklärt hat. Er sagt, er sei Wolfgang Beltracchi, dem Meisterfälscher großen Stils, aufgesessen, wie eine Reihe anderer Fachleute auch. Doch Spies hat auch Käufer für die gefälschten Bilder vermittelt, und dabei mehrere 100.000 Euro Provision kassiert; die landeten auf Schweizer Konten. Das wurde vor etwa einem Jahr publik. Seither verdächtigen ihn manche, er könnte aus Gewinnstreben bewusst falsche Expertisen erstellt haben. Werner Spies weist das weiterhin von sich: "Ich kann nur sagen, dass ich da ein reines Gewissen habe. Dass ich in anderen Fällen über 400 Fälschungen festgehalten und im letzten Augenblick noch aus Auktionen herausgenommen habe. Dass ich sechs Mal hereingelegt wurde - dafür, glaube ich, kann ich nichts."

Ob das so stimmt, weiß nur er selbst. Die Albertina und die Fondation Beyeler wollten trotz seines angeschlagenen Rufs auf ihn als Kurator nicht verzichten. Das Gros der Max-Ernst-Werke befindet sich nämlich in Privatsammlungen, und Spies hat den Zugang zu diesen Sammlern, erklärt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder: "Werner Spies genießt immer noch das große Vertrauen aller Max-Ernst-Sammler, und öffnet uns damit die Türen. Wir hätten sicher 50 Prozent an wichtigen Werken dieser Ausstellung ohne ihn schlicht und ergreifend nicht bekommen".

Spies habe die Ausstellung allerdings gemeinsam mit drei anderen, viel jüngeren Kuratoren vorbereitet. "Er sieht auch, dass wir einen Generationswechsel brauchen; und dass auch andere Forscher in Zukunft vielleicht den Zugang zu diesen zu Teil recht alten Sammlern finden", sagt Klaus Albrecht Schröder.

Wer mehr zu Max Ernst und Werner Spies erfahren will - aus der Sicht von Spies - kann seine im Vorjahr erschienenen Memoiren lesen.

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