Ungarn: Künstler gegen Orban

In Ungarn hat die Alleinregierung unter dem machtbewussten Ministerpräsident Viktor Orbán weitere Schritte gesetzt, das gesamte Land ihrer nationalkonservativen Ideologie und ihren Interessen unterzuordnen. Derzeit wird die Kulturszene des Landes auf Linie gebracht.

Staatliche und staatsnahe Kultureinrichtungen, wie etwa die ungarische Kunstakademie werden mit Personen besetzt, die penibel darauf achten, dass nur jene Kunst gezeigt wird, die die Regierung für gut und richtig findet, die also ausreichend national und leicht christlich ist. Unerwünscht ist Kunst, die sich mit dem sogenannten Ungarntum und der gegenwärtigen Regierungspolitik kritisch auseinandersetzt.

Morgenjournal, 4.2.2013

Selten hat eine Ausstellung in der Budapester Kunsthalle für so viel Empörung bei ultrakonservativen Kulturpolitikern des Landes gesorgt, wie jene über die nationale Identität. Viele Künstler haben sich in witziger Ironie mit der ungarischen Seele auseinandergesetzt. Paprikapulver, wie Kokain in zwei Bahnen gelegt, bereit, zum Aufschnupfen. Neil Armstrong auf dem Mond mit der ungarischen Fahne in der Hand, oder ein Heukarren aus der Puszta voll mit leeren PET-Flaschen. Doch diese Installationen empörten vor allem den Präsidenten der ungarischen Kunstakademie, György Fekete, der die Ausstellung als Beleidigung des Ungarntums betrachtet:

"Diese Ausstellung hat bei der Akademie die Sicherungen platzen lassen. So was können Privatgalerien machen, aber nicht die Leiter staatlicher Museen."

"Gute und richtige" Kunst

Der künstlerische Leiter der Kunsthalle war damit Geschichte. Die Kunstakademie wurde von der Orban-Regierung gegründet, mit Macht und Geld ausgestattet und mit der Aufgabe, darüber zu wachen, dass in der Budapester Kunsthalle und in der Redoute nur "gute und richtige" Kunst stattfindet. Fekete, der Präsident, definiert auch, wer für ihn ein guter Künstler ist und somit die Berechtigung hat, Mitglied der ungarischen Kunstakademie zu sein:

"Künstler müssen Nationalgefühl haben, müssen dieses Land und diese Sprache mit allen Fehlern und Mängeln akzeptieren. Und sollen nicht ins Ausland fahren und von dort über Ungarn lästern" - eine Anspielung auf die Schriftsteller György Konrad und Nobelpreisträger Imre Kertész oder auf den Star-Dirigenten Adam Fischer, die alle jüdische Wurzeln haben, zum Teil im Ausland leben und sich die Freiheit nehmen, den aufkeimenden Antisemitismus in Ungarn sowie die ultrakonservative Kulturpolitik der Orbán-Regierung zu kritisieren.

Förderung nur für "echte" Ungarn

Wer Kritik an der Regierung oder am Staat übt, ist in den Augen der Nomenklatura ohnehin kein echter Ungar. Zu den "echten Ungarn" zählt beispielsweise der Leiter des ungarischen Festival-Balletts, Iván Marko. Auf die Frage, was er denn von Ministerpräsident Viktor Orbán hält, sagt Marko wörtlich: "Ich verehre ihn, ja - lassen sie mich sagen, ich liebe ihn." Iván Marko wird gefördert. Für ganze acht Vorstellungen hat sein Ballett im Vorjahr 530.000 Euro vom Staat erhalten, während viele unabhängige Bühnen mit einem geringen Bruchteil davon auskommen müssen.

Die ungarische Filmförderung scheint überhaupt zusammengebrochen zu sein. Nach 48 Jahren musste heuer das traditionsreiche ungarische Filmfestival abgesagt werden, weil keine ungarischen Filme entstanden sind, es gibt nichts zu zeigen. Dafür werden Theater, Konzerthäuser und Museen systematisch neu besetzt, mit Ultrakonservativen, oder zumindest mit Regierungstreuen.

Das Budapester Neue Theater hat bereits einen Rechtsradikalen zum Chef, im Sommer wird auch der Leiter des Budapester Nationaltheaters Robert Alföldi abgelöst, er ist den "echten Ungarn" zu links, zu progressiv und außerdem auch noch schwul, wie stets behauptet wird. Noch ein Nachsatz: Das ungarische Kulturstaatssekretariat schweigt - zumindest dem ORF gegenüber. Man wollte keine Stellungnahme abgeben.