Einbürgerungen: Wieder Verfassungs-Probleme

Die Regierungsparteien haben einen Entwurf für ein neues Staatsbürgerschaftsrecht ausgehandelt. Das war auch deshalb notwendig, weil die Verfassungsrichter Details der bisherigen Regelung beanstandet haben. Aber auch beim neuen Entwurf kritisiert der Verfassungsrechtler Joachim Stern von der Universität Wien mehrere Punkte als problematisch.

Österreich Fahne wird hergestellt

(c) NEUBAUER, APA

Mittagsjournal, 5.2.2013

Widerspruch zu EGMR

Für verfassungswidrig hält Stern vor allem die Art und Weise, wie uneheliche Kinder zur Staatsbürgerschaft kommen sollen. Er stößt sich an den Plänen, einem unehelichen Kind mit ausländischer Mutter und österreichischem Vater die Staatsbürgerschaft nur dann automatisch zu geben, wenn dieser die Vaterschaft vor der Geburt anerkannt hat. Das sei de facto äußerst selten der Fall bzw. manchmal überhaupt nicht, etwa wenn erst auf die Feststellung der Vaterschaft geklagt werden muss. Joachim Stern: "In all diesen Fällen sind die Kinder jetzt auf den Weg der Verleihung einer Staatsbürgerschaft angewiesen, wodurch sie gegenüber ehelichen Kindern nach wie vor benachteiligt sind. Sie haben die vollen Gebühren zu zahlen, sie verlieren die Staatsangehörigkeit der Mutter, und nach dem vorliegenden Entwurf soll das auch nur möglich sein, wenn sie unter 14 Jahren sind zum Zeitpunkt der Antragstellung. Diese Regelung ist jedenfalls nicht in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte." Und Stern ist sich sicher, dass diese Regelung einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhalten würde: Das müsste aufgehoben werden."

Demokratiepolitische Probleme

Andere Punkte des geplanten Staatsbürgerschaftsrechts seien aus demokratiepolitischer Sicht kritisierenswert, meint der Uni-Verfassungsrechtler: Die Gebühren für eine Verleihung seien sehr hoch, zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Person, und auch schon geringfügige Verwaltungsstrafdelikte wären ein Problem bei der Zuerkennung der Staatsbürgerschaft. Große De-facto- Veränderungen sieht Verfassungsrechtler Stern durch das kommende neue Gesetz nicht kommen. Er erwartet nicht, dass viele in Österreich lebenden Menschen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Staatbürgerschaft bereits nach sechs Jahren erfüllen werden. Als geringfügige Verbesserung betrachtet es der Jurist, dass bei der Verleihung nach zehn Jahren nicht mehr ausnahmslos auf die Einkommenssituation geschaut werde. Dennoch blieben eine Fülle von Fragen unbeantwortet wie die Regelung bei Fristenunterbrechung, die nicht nachvollziehbar sei.

Insgesamt sei es ein demokratiepolitisches Problem, wenn eine Million Menschen, also 12 Prozent der in Österreich Lebenden, nicht die Staatsbürgerschaft und damit das Wahlrecht hätten, sagt der Verfassungsrechtler. Es gebe in dem Entwurf zwar geringfügige Verbesserungen, es müsse aber nachverhandelt werden - mit Blick auf uneheliche Kinder, Anforderungen an die Unbescholtenheit, Gebühren der Staatsbürgerschaftsverleihung und Fristenunterbrechung bei der Wartezeit.