Jugendwohlfahrt: Drohung brachte Einigung
Fünf Jahre lang haben Landes- und Bundespolitiker über ein neues und modernes Jugendwohlfahrtsgesetz diskutiert und gestritten. Jetzt gibt es eine Einigung, aber warum erst jetzt? Wo es bis zuletzt nur um relativ wenig Geld ging - für zusätzliche Dienstposten von Sozialarbeiterinnen. Eine Drohung des Familienministers hat letztlich Bewegung in die Verhandlungen gebracht.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 7.2.2013
Mangel an Gesprächen
Fünf Jahre, fünf Gesetzesentwürfe und vier Bundesregierungsmitglieder hat es gebraucht: Andrea Kdolsky, Christine Marek, Verena Remler und Reinhold Mitterlehner (alle ÖVP). Das aktuelle Gesetz trägt den Namen Kinder- und Jugendhilfegesetz, inhaltlich wurden aber von Entwurf zu Entwurf Abstriche gemacht, haben Experten kritisiert. Geld vom Bund für zusätzliche Sozialarbeiter-Dienstposten waren auch längst zugesagt, nämlich je 3,9 Millionen Euro für die ersten drei Jahre. Trotzdem haben Oberösterreich, die Steiermark und das Burgenland den Gesetzesbeschluss blockiert. Neu ist jetzt nur, dass es danach jährlich ähnlich viel Geld vom Bund geben soll. Peter Rezar, Soziallandesrat im Burgenland hebt hervor, "vor allen Dingen weil zugesichert worden ist, dass im Rahmen des Finanzausgleichs es Gespräche geben wird, haben sich das Burgenland, die Steiermark und Oberösterreich darauf verständigt, den Widerstand aufzugeben." Und Rezar stimmt zu, dass man das schon viel früher haben hätte können, "aber von Seiten des Ministeriums hat es diese Gespräche nicht gegeben."
Durchbruch mit Drohung
Es sei zu wenig verhandelt worden, auch weil immer wieder neue Politiker zuständig waren. Reinhold Mitterlehner ist eigentlich seit vier Jahren Wirtschafts- und Familienminister - aber erst seit eindreiviertel Jahren ohne Familien-Staatssekretärin. Den Durchbruch gegenüber den unter Spardruck stehenden Bundesländern hat Mitterlehner zufolge eine Drohung gebracht: Nämlich, dass er mit den sechs Bundesländern, quasi mit den "braven", Verträge abschließen würde über verbesserte Standards in der Jugendwohlfahrt. Mitterlehner: "Das wollten die drei anderen Länder auf keinen Fall haben, und dadurch sind dann die Verhandlungen wirklich und Bewegung gekommen." Aber nein, das sei nicht ausschlaggebend gewesen, heißt es aus der Steiermark und Oberösterreich.
Aber Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl (SPÖ) räumt ein, es ging auch um eine landesinterne finanzielle Regelung mit der ÖVP: "Nachdem der Finanzreferent von Oberösterreich, der Landeshauptmann Pühringer, zugestimmt hat, hat er sich auch in eine Verpflichtung hineinbegeben, von der ich annehme, dass er sie wie üblich einhalten wird."
Mehr Personal
Geld wird vor allem für das Vier-Augen-Prinzip gebraucht, wonach in komplexen Gefährdungs-Fällen zwei Sozialarbeiterinnen prüfen, ob ein Kind bei seiner Familie bleiben kann oder in einem Heim bzw. einer Wohngemeinschaft untergebracht wird. 30 bis 40 Dienstposten zusätzlich bedeutet das in Oberösterreich. In der Steiermark sind es laut Landeshauptmannstellvertreter Siegfried Schrittwieser nur knapp acht zusätzliche Dienstposten - macht einen Posten in jedem zweiten Bezirk. Aber das neue Gesetz soll auch bessere Erzieher-Ausbildung bringen, mehr Hilfe in den Familien, und eine Statistik, damit durch Vergleichsdaten die Kinderhilfe in den Bundesländern optimiert werden kann.