Aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft

Ganz oben

In "Ganz oben - aus dem Leben einer Führungskraft" beschreibt eine deutsche Topmanagerin anonym, wie sie an der Spitze eines Unternehmens mit der Männerwelt zu kämpfen hat. Anonym, weil sie negative Konsequenzen für ihre Karriere befürchtet.

Mit diesen Worten beglückwünscht der Vorgesetzte Frau A. zu ihrem neuen Job, den sie sich aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz verdient hat.

Nicht schön, nicht hässlich

Aber, so die Autorin, die Führungsposition hätte sie auch ihrem Aussehen zu verdanken, denn: sie sei keine attraktive Frau mit langen Haaren oder langen Beinen, sondern 1,75 Meter groß, mit kurzen dunklen Haaren, nicht wirklich schlank, nicht wirklich hässlich, aber auch keine klassische weibliche Schönheit. Ein unschätzbarer Vorteil, wie sie betont.

Die Autorin ist überzeugt: hübsche Frauen würden es nur sehr schwer in die Führungsetage schaffen, da sie von Männern lediglich auf das Äußerliche reduziert werden.

Überzeichnetes Klischee

An dieser Stelle muss man sich erstmals fragen, ob die Autorin hier ein Klischee überzeichnet oder tatsächlich Umgangsformen aus ihrem Unternehmen beschreibt. Denn es wirkt, als ob sie selbst ihren weiblichen attraktiveren Kolleginnen keinerlei Führungsqualitäten zutraue. Und die Autorin beschreibt weiter diskriminierende Prozeduren bei einer Bewerbung für eine Führungsposition. Den Posten einer Frau zu geben, sei mit mehr Risiko verbunden.

Die Autorin beklagt sich auch über den fehlenden Respekt und das demütigende Verhalten männlicher Kollegen ihr gegenüber. Sie sei zwar Top-Managerin, aber gleichzeitig auch Sekretärin und Mädchen für alles. Aufgaben, die aus Männersicht automatisch Frauen zufallen - wie Protokoll schreiben oder Kaffee organisieren - erledige sie noch immer. Warum, fragt man sich, schreibt die Top-Managerin selbst Protokoll und delegiert das Kaffee holen nicht an jemanden? Sie möchte nicht als "anstrengende Emanze" gelten, schreibt sie.

Unerwünschte Konkurrenz

Die Motivation der Autorin: Frauen mit Karriereabsichten soll mit dem Buch vor Augen geführt werden, was auf sie zukommt und welche Fehler sie vermeiden sollen.

Die Lektüre von "Ganz oben - aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft" lässt einen betroffen, empört, ungläubig und fassungslos zurück. Hat die Autorin eine Zeitreise unternommen? Geht es in großen Unternehmen im Jahr 2012 tatsächlich derart zu? Ist das Wort Gleichbehandlung ein Fremdwort? Gleichzeitig ist es einfach unverständlich, warum sich diese Frau in der Führungsebene nicht versucht, ein bisschen zu wehren, die Macho-Machtspielchen der Männer mitzuspielen. Es wirkt, als wäre ihr die fixe Idee, dass Frauen für Führungspositionen nicht geeignet sind, beim Ausüben ihres Jobs selbst im Weg gestanden.

Service

Anonyma, "Ganz oben. Aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft", C. H. Beck Verlag

C. H. Beck - Ganz oben