Finanztransaktions-Steuer nimmt erste Formen an

Nach jahrelangen Diskussionen wollen elf EU-Länder - unter ihnen auch Österreich - eine europäische Finanztransaktionssteuer einführen, also eine Abgabe auf Wertpapiergeschäfte zwischen Finanzinstituten. Morgen wird die EU-Kommission die Details darüber und vor allem auch wohin die Einnahmen daraus fließen sollen, erläutern.

Banken in die Schranken

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London bleibt ausgenommen

Unter dem Namen Tobin Tax war die internationale Finanztransaktionssteuer eine Forderung der Globalisierungsgegner. Lange Zeit war sie heiß umstritten. Die Europäische Kommission beschließt jetzt in aller Form einen Vorschlag, wie eine solche neue Steuer auf Finanzprodukte umgesetzt werden kann. Die Sache ist kompliziert, denn der wichtigste Finanzplatz Europas London ist ausgenommen. Immerhin für 11 EU-Staaten wird die Steuer gelten, darunter Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und auch Österreich. Zwischen 30 und 35 Milliarden Euro sollen in die Staatskassen fließen. Die Steuersätze haben sich gegenüber früheren Vorschlägen nicht geändert: 0,1 Prozent werden für den Handel mit Aktien und Anleihen zu begleichen sein; 0,01 Prozent für die komplizierten Derivatgeschäfte.

Hochfrequenzhandel wird erfasst

Es sind mehr Finanztransaktionen betroffen, als vielfach vermutet wurde. Auch der sogenannte Hochfrequenzhandel, bei dem im Bruchteil einer Sekunde hunderte Käufe oder Verkäufe getätigt werden, ist erfasst. In den Erläuterungen heißt es, durch die neue Steuer erhofft man sich eine stabilisierende Wirkung auf die wilden Finanzmärkte. Nach dem vorliegenden Richtlinienvorschlag können Finanzgeschäfte auch in London oder sogar in New York besteuert werden. Und zwar wenn Käufer oder Verkäufer aus einem der 11 beteiligten Staaten kommen. Oder wenn das Finanzprodukt, das gehandelt wird, hier seinen Ursprung hat. Verkauft eine österreichische Bank über eine Londoner Filiale Wertpapiere nach Asien, dann kassiert der österreichische Staat. Handeln zwei nichteuropäische Finanzinstitute mit einer deutschen Staatsanleihe, dann kann Deutschland die Steuer einheben.

Einnahmenfluss noch unklar

Wie die Besteuerung bei außereuropäischen Transaktionen technisch ablaufen wird, ist noch nicht ganz klar. Ausgenommen sind die Geschäfte der Europäischen Zentralbank und des Euroschutzschirmes ESM.

Der überarbeitete Kommissionsvorschlag lässt offen, wohin die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer letztlich fließen werden. Unmittelbar streifen die Finanzminister die erwarteten Beträge ein. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte auch das EU-Budget profitieren, wobei eine Schwierigkeit ist, dass nicht alle EU-Staaten beteiligt sind.

Voraussichtlich ab 2014

Neben den elf Fixstartern hofft man in der EU-Kommission auf einen Meinungsumschwung bei mehreren noch zögernden Partnern. Zypern zum Beispiel, das auf EU-Finanzhilfe hofft, könnte als Zeichen des guten Willens doch mitmachen. Auch in Finnland, Dänemark und den Niederlanden wird die Übernahme des Modells Finanztransaktionssteuer diskutiert. Das Problem der wirtschaftlich potenten Niederlande sind die großen gewerkschaftlichen Pensionsfonds, die sich gegen eine zusätzliche Besteuerung wehren. Kein Veto muss man aus Großbritannien befürchten. Weil die Finanztransaktionssteuer auf dem Weg der verstärkten Zusammenarbeit eingeführt wird, haben EU-Staaten, die draußen bleiben, ihr Mitspracherecht verloren.

Die EU-Kommission glaubt, dass die neue Steuer ab 1.1.2014 gelten kann. Entscheiden müssen jetzt die elf beteiligten Staaten.

Mittagsjournal, 13.2.2013