Der Dia-Vortrag

Vor gut 15 Jahren ließ sich ein auf den ersten Blick absurdes mediales Phänomen beobachten. Es war die Zeit der beginnenden Digitalfotografie und der ersten Computer-generierten Bildwelten, als sich eine scheinbar völlig überkommene Präsentationsform plötzlich wieder größter Beliebtheit erfreute: der Dia-Vortrag.

Abenteuer-Urlaube im Bild

Hundertschaften fernwehgeplagter Menschen pilgerten in die Auditorien, die Mehrzweckhallen und Pfarrheime, um sich von ihnen völlig unbekannten Menschen in unbekannte Regionen des Planeten führen zu lassen. Die Hauptakteure des Diavortrag-Booms der 1990er Jahre, wie etwa der deutsche Abenteurer Michael Martin, waren regelrechte Stars. Sie verkauften neben ihren Bild-Geschichten aus der weiten Welt auch prachtvolle Fotobände und waren hochbezahlte Werbeträger.

Der österreichische Reisefotograf Wolfgang Pröhl war 1998 zwei Monate in einem Schlauchboot von Wien zum Nordkap unterwegs. Das bildgewordene Ergebnis seiner Expedition präsentierte er vor Hunderten begeisterten Zuseher/innen im ausverkauften Audimax der Wiener Universität. Und Pröhl betonte: mit den gefürchteten Dia-Vorführungen im Familienkreis etwa von "Onkel Huberts und Tante Gustis Reise nach Jesolo" haben die modernen Shows rein gar nichts mehr zu tun.

Dias

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Von virtuellen Weltreisen abgelöst

Eine wahre Flut an Dia-Vorträgen bot dem Publikum in den 90er Jahren eine Überfülle an allfälligen Alltagsfluchten. Heute ist die Zahl solcher Shows wieder auf ein überschaubares Maß gesunken. Immerhin ermöglichen Google Earth und unzählige Fotoplattformen längst virtuelle Weltreisen im Eigenheim. Ob diese allerdings auch das wahre Fernweh nach der Fremde befriedigen können, muss dahingestellt bleiben.