Votivkirche: Kritik an neuer Festnahme
Einer der Flüchtlingssprecher in der Wiener Votivkirche ist gestern bei einer aufsehenerregenden Kontrollaktion der Polizei in dem Park vor der Kirche festgenommen worden. Und während Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) heute das Vorgehen der Polizisten verteidigt, kommt von den Flüchtlingen selbst und von ihren Unterstützern Kritik.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.3.2013
"Nicht nachvollziehbar"
Verbitterung und Frustration. Das drückt ein anderen Sprecher der Votivkirchen-Flüchtlinge aus, nachdem sein Kollege gestern bei Kontrollen von Polizei in Zivil festgenommen wurde. Der Freund sei dabei niedergestoßen worden, sagt Mir Jahangir verärgert: "Ich hab dieses Land satt. Das ist eine Strategie von Politik, Behörden und auch Kirche und Caritas. Die behandeln uns wie Tiere und wollen keine Lösung. Wir sind weder innerhalb noch außerhalb der Kirche sicher. Vielleicht wäre es den Verantwortlichen am liebsten, wir müssten zurück in unser Land, um uns dort dann einer der Terrororganisationen anzuschließen."
Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner zeigt Verständnis für die Emotion und hat auch keine rechte Freude mit der gestrigen Polizeiaktion: "Der Sprecher der Flüchtlinge war einer von denen, mit dem wir sehr gut im Gespräch waren. Da mit voller Härte zuzuschlagen ist für uns nicht nachvollziehbar. Unseren Informationen zufolge sind die Schubhaftgründe auf sehr dünnem Eis."
"Normale und gute Polizeiarbeit"
Bei dem Polizeieinsatz sind gestern auch drei Anzeigen nach dem Fremdengesetz erstattet worden und eine Anzeige gegen eine Unterstützerin wegen mutmaßlicher Körperverletzung, begangen an einem Polizisten. Rund 100 Flüchtlingsunterstützer sind in den Park geeilt und standen am Ende rund 30 dann auch uniformierten Polizisten gegenüber.
Die Wiener Polizei argumentiert die Festnahme damit, dass der Asylantrag des Flüchtlingssprechers rechtskräftig negativ sei - laut Caritas durch Fristversäumnisse während des Flüchtlingsprotests.
Innenministerin Johanna-Mikl-Leitner stellt sich hinter die Polizei, es habe sich um normale und gute Polizeiarbeit gehandelt: "Wir waren von der ersten Minute an äußerst fair und haben immer die Wahrheit ausgesprochen, dass wir uns um jeden Asylwerber kümmern und auch ganz klar gesagt, dass es keine strukturellen Änderungen geben wird, vor allem was das Bleiberecht für alle betrifft. Das ist eine Forderung, die einfach unerfüllbar ist."
Kein Wahlkampf-Hintergrund
Dass die Polizeiaktion und ihre offensive Haltung etwas mit der bevorstehenden Niederösterreich-Wahl zu tun haben könnte, bestreitet die ÖVP-Politikerin: "Diese Situation ist viel zu sensibel. Deshalb sind wir hier auch im täglichen Kontakt mit der Kirche, m eine friedvolle Lösung zu finden."
Die Anwältin des festgenommenen Flüchtlingssprechers, Nadja Lorenz, prüft nun Einsprüche. Sie meint vor allem, es könnte realistisch sein, dass er einen Duldungsstatus in Österreich bekommt, weil Abschiebungen nach Pakistan kaum möglich seien. Dann wäre die Schubhaft nur so etwas wie ein Zwischenschritt gewesen, der allerdings für große Aufregung gesorgt hat.