Hundertwasser in neuem Licht
Bürgerschreck, Pionier der Ökologiebewegung, Maler und Architekt: Friedensreich Hundertwasser gehört zu den bekanntesten österreichischen Nachkriegskünstlern.
8. April 2017, 21:58
Mit dem Hundertwasserhaus im dritten Wiener Gemeindebezirk schuf er in den 1980er Jahren eine Sehenswürdigkeit, die bis heute Touristen aus aller Welt anzieht. Doch Hundertwassers Popularität steht geradezu im Gegensatz zur Skepsis, mit der man ihm in der Kunstwelt bis heute begegnet. Jetzt präsentiert eine Ausstellung im Belvedere das Frühwerk des Künstlers in neuem Licht.
Mittagsjournal, 5.3.2013
Unebene Fußböden, baumbewachsene Dächer, Zwiebeltürme, bunte Fassaden. Friedensreich Hundertwassers Bauwerke sind ein trotzig anarchisches Statement gegen den lebensfeindlichen Funktionalismus, gegen Le Corbusiers modernistische Wohnmaschine, die die Individualität des Menschen einzäunt und zähmt. Rechte Winkel und gerade Linien seien dem 1928 in Wien als Friedrich Stowasser geborenen Künstler ohnehin ein Gräuel.
Bis heute prägen Hundertwassers farbenprächtige und ornamentale Bauwerke das Wiener Stadtbild. Beliebt bei Touristen, kritisch beäugt in der Kunst- und Architekturszene. Allzu dekorativ und gefällig sei Hundertwassers Fassadenbehübschung, so der einhellige Tenor. Bis heute gilt: Wo Hundertwasser draufsteht, ist der Kitschverdacht nicht weit. Mit der Ausstellung "Hundertwasser, Japan und die Avantgarde" will das Belvedere ein neues Kapitel in der Hundertwasserrezeption aufschlagen. Als Protagonisten der internationalen Nachkriegsavantgarde wird Hundertwasser hier gewürdigt. Bereits 1950 reiste Hundertwasser nach Paris, wo er später unter anderem Yves Klein kennenlernte.
Entdeckung der japanischen Kultur
Das Kuratoren-Duo Harald Krejci und Axel Köhne konzentriert sich auf Friedensreich Hundertwassers Frühwerk und sucht Schnittflächen zur internationalen Avantgarde. Deshalb sind in der Ausstellung auch Arbeiten bedeutender Zeitgenossen zu sehen, darunter so hochkarätige Künstler wie Yves Klein und Lucio Fontana.
Das zentrale Interesse der Kuratoren gilt Hundertwassers Entdeckung der japanischen Kultur. 1961 reiste Hundertwasser nach Japan, wo er die Künstlerin Yuko Ikewada kennenlernt, die er später heiratete. Er suchte nach neuen, nach anderen Inspirationsquellen und fand sie - so wie viele Vertreter der abstrakten Kunst - in der fernöstlichen Philosophie. Wie Yves Klein beschäftigt sich Hundertwasser mit dem Zen-Buddhismus. Das Malen wurde für ihn nicht zuletzt zur meditativen Übung.
Frühe Werke
Die Spirale wurde zum häufigsten Motiv in Hundertwassers Malerei. Ein organisches, unregelmäßiges, also nicht geometrisches Symbol, das, so Hundertwasser, dem Wesen der Natur entspreche. Die beständige Wiederholung dieses Motivs hat fast etwas Meditatives.
Neben der bekannten Hundertwasser-Bildsprache präsentiert die aktuelle Ausstellung im Belvedere auch unentdeckte Facetten. Frühe abstrakte Arbeiten etwa, die wie Kartografien imaginierter Welten wirken. Wie urbanistische Fantasielandschaften, die aus der Vogelperspektive vermessen werden. Das Belvedere präsentiert die Visionen des Lebensreformers Friedensreich Hundertwasser, der mit seiner Kunst nicht zuletzt dafür eintrat, das Verhältnis der westlichen Zivilisation zur Natur neu abzustecken.
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Belvedere ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
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