Italien: Posse um Berlusconi und die Justiz

"Der Papst ist nahe, die Regierung fern", titelt eine italienische Tageszeitung. Während Italiens Sozialdemokraten-Chef Pier Luigi Bersani einen Weg aus der politischen Sackgasse sucht, dabei die Protestpartei Beppe Grillos umwirbt und täglich Absagen erhält, wird auf der rechten Seite des politischen Spektrums Silvio Berlusconi von seinen Prozessen eingeholt. In rechtlichen Angelegenheiten bestens erfahren, setzt er sich mit allen Mittel zur Wehr.

Mittagsjournal, 12.3.2013

Aus Rom berichtet ORF-Korrespondentin

Anhänger verteidigen Berlusconi

Die Nationalhymne als Protest gegen die Justiz. Fast vollzählig stehen Berlusconis Abgeordnete und Senatoren auf den Eingangstreppen des Mailänder Tribunals, um gegen das "Unrecht" anzukämpfen, das in ihren Augen ihrem Chef widerfährt.

Der Zustand der italienischen Justiz werde hier eklatant, klagt Angelino Alfano, der Anführer des Trupps: "Hier wird versucht, mit den Mitteln der Justiz den meistgewählten Politiker unserer zweiten Republik zu eliminieren. Wir werden das nicht zulassen und Berlusconi, seine und unsere Geschichte mit all unseren Kräften verteidigen."

Offenbar in Panik

Silvio Berlusconi liegt derweil im Krankenhaus - mit einer Bindehautentzündung. Die Richter im Tribunal hinter den singenden Angeordneten hofften vergeblich auf sein Erscheinen und verloren schließlich die Geduld. Ein Amtsarzt wurde ausgeschickt. Der befand, Berlusconis Augenentzündung sei zu wenig, um nicht vor Gericht zu Erscheinen. Gestern kamen Herzprobleme dazu und die Richter mussten stattgeben.

Berlusconi ist offenbar in Panik. Auf ihn rollen im Moment gleich drei Prozesse zu. Die Richter machen Druck, sie kämpfen gegen Berlusconis Taktik an, die Verfahren so lange hinauszuzögern, bis der Fall verjährt ist.

Wegen "Ruby"-Prozess im Spital

Gleich drei Verfahren hat Berlusconi im Moment laufen. In zweien ist er in erster Instanz bereits verurteilt, einmal wegen Steuerbetrugs, einmal wegen Veröffentlichung geheimer Polizeiakten. Das dritte erstinstanzliche Urteil droht, wegen diesem liegt er im Krankenhaus.

Es geht um den sogenannten Fall Ruby. Hier ist Berlusconi wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch angeklagt. Am vergangenen Freitag hätte das Schlussplädoyer der Anklage stattfinden sollen. Berlusconi war aber leider im Spital.

Bisher fast immer entkommen

Die Flucht vor der Justiz war für Berlusconi, als er noch regierte, leichter. In bisher sechs Verfahren ist es ihm und vor allem der Legion seiner Anwälte gelungen, Verjährung zu erreichen. In zwei Fällen wurde er amnestiert, einmal wegen Mitgliedschaft in der Geheimloge P2, das zweite Mal wegen Steuerbetrugs.

Zwei Verfahren wegen Bilanzfälschung entzog er den strafrechtlichen Boden, indem er das Gesetz umschreiben ließ. In drei Korruptionsfällen wurde er freigesprochen.

Neuer Fall in Neapel

Aber es droht auch neues Ungemach. In Neapel will ein Gericht ein Schnellverfahren gegen ihn einleiten. Ein Abgeordneter gestand, von Berlusconi drei Millionen Euro erhalten zu haben, damit er in sein Lager überwechselt. Mit diesem Manöver ist es Berlusconi im Jahr 2008 gelungen, die Regierung Prodi zu stürzen.

"Siam pronti alla morte", singen Berlusconis Angeordnete vor dem Mailänder Gericht. Für sie ist die Verfolgung Berlusconis ein Anschlag auf die Verfassung. Eine Verfassung - so sagen Berlusconis Gegner - in der auch drinnen steht, dass vor dem Gesetz jeder gleich ist.