Deutschland: Zehn Jahre Agenda 2010

In dieser Woche ist es zehn Jahre her, dass der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ein umfassendes Reformprogramm für Deutschland in die Wege leitete. Mit einer Rede vor dem Bundestag gab er am 14. März 2003 den offiziellen Startschuss für das Programm "Agenda 2010", das Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen sollte. Die Agenda-Politik ist umstritten bis heute, Gerhard Schröder verlor deswegen sein Amt. Aber, dass sich Deutschland heute in der aktuellen Krise gut behaupten kann, hat auch viel mit Gerhard Schröders damals eingeleiteter Reformpolitik zu tun.

Mittagsjournal, 13.3.2013

Aus Berlin,

Härten für Bevölkerung

Viele, gerade in der eigenen Partei, konnten es kaum fassen. Da stand Gerhard Schröder, sozialdemokratischer Kanzler, selbst einst aufgestiegen aus bitterer Armut, vor dem Deutschen Bundestag und verkündete ein Programm, von dem klar war, dass es neue Härten über weite Teile der Bevölkerung bringen würde.

Es war die Zeit, in der Arbeitslosigkeit, Wirtschaftsflaute und steigende Budgetdefizite Deutschland in den Würgegriff nahmen, in der Deutschland gerne als „kranker Mann Europas“ und als reformunfähig tituliert wurde. All das versprach Schröder mit einem großen Sprung in Angriff zu nehmen. Das Wort „alternativlos“ wurde erst später durch Angela Merkel berühmt, aber so ähnlich argumentierte damals schon ihr Vorgänger Gerhard Schröder.

Peter Hartz, der Personalvorstand von VW, hatte als Chef einer Reformkommission große Teile der Agenda 2010 ausgearbeitet. Der ungeliebteste Teil davon trägt bis heute seinen Namen: Hartz 4, die Reduzierung der Arbeitslosehilfe für Langzeitarbeitslose auf Sozialhilfeniveau. Vieles andere gehörte auch zur Agenda 2010, etwa umfassende Reformen bei der Arbeitsvermittlung und den Krankenkassen, aber Hartz 4 klebte fortan wie Pech an den Reformern und spaltete in der Folge die SPD.

Gute und schlechte Seiten

Enttäuschte Westlinke um Oskar Lafontaine und alte Ostlinke um Gregor Gysi formten das linke Lager neu, im Lauf der Jahre entstand eine neue Partei namens Die Linke, die auch heute noch weite Teile ihrer Daseinsberechtigung aus Gerhard Schröders Reformen abgeleitet, hier Gregor Gysi mit seiner Bilanz: die deutsche Sozialdemokratie habe mit den anderen Parteien den größten Sozialabbau in der Geschichte Deutschlands organisiert.

Dem steht allerdings gegenüber, dass sich Deutschland im internationalen Wettbewerb jetzt wieder gut behaupten kann, gerade im Krisensturm der letzten Jahre der größte Trumpf. Und die Tatsache, dass der deutsche Finanzminister heute inmitten der Krise ein fast ausgeglichenes Budget für das nächste Jahr präsentieren kann, fußt ebenfalls stark auf Gerhard Schröders seinerzeitiger Reformpolitik. Schröder selbst weiß allerdings nur zu gut, wie sehr die Agenda- Politik seine Partei bei heute belastet. Er hat deswegen Wahlen und Kanzleramt verloren und weiß, dass die Agenda der SPD auch im jetzt anlaufenden Wahlkampf noch zu schaffen macht. Recht diplomatisch daher seine Einschätzung.

Das heißt, Schröder lässt sich gerne als der erfolgreiche Reformer feiern, Aber er weiß, dass seine Erben in der SPD zumindest ein Stück weit Kindesweglegung betreiben müssen, um er ungeliebten und gefürchteten Hartz 4- Etikettierung zu entrinnen.