Brezinschek: "Zypern-Paket hart, aber fair"
Haben die EU-Finanzminister das Problem Zypern jetzt gelöst? Der Ökonom und Chefanalyst von Raiffeisen International, Peter Brezinschek, schätzt das Verhandlungsergebnis in Brüssel als gut ein. Es sei ein hartes Ergebnis für die Anleger, aber ein faires. Die Aufregung findet Brezinschek allerdings übertrieben.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 25.3.2013
Raiffeisen-International-Chefanalyst Peter Brezinschek im Interview mit
"Härtere Gangart gegenüber Vermögenden"
Peter Brezinschek hält das Verhandlungsergebnis für das Zypern-Rettungspaket für fair, weil "Zypern einen Eigenbeitrag für seine Rettung auf die Beine stellen musste und das war wahrscheinlich der Kompromiss, der hier gefunden werden konnte."
Die momentane Aufregung der Zyprioten sei emotional verständlich, meint der Raiffeisen-Chefanalyst, wenn man sich aber die Fakten des Verhandlungsergebnisses ansehe, sei sie übertrieben. Schließlich müssten sich alle Sparer mit Guthaben unter 100.000 nicht am Rettungspaket beteiligen. "Gegenüber der ursprünglichen Lösung vor einer Woche ist das eine deutlich härtere Gangart gegenüber der Vermögenden auf Zypern, vor allem auch jenen aus dem Ausland", urteilt Brezinschek.
"Lösungskompetenz in letzter Sekunde"
Man habe unterschätzt, dass man mit der angedachten Zwangsenteignung von großen wie kleinen Sparern einen Tabubruch begangen hätte, sagt Brezinschek: "Da hat man Sensibilität vermissen lassen." Positiv bemerkt er, dass die zehn Milliarden Euro Hilfsgelder nun nicht dazu verwendet würden, die Banken auf die Beine zu bringen, sondern um die zypriotische Wirtschaft anzukurbeln.
Das Rettungspaket und damit das Nicht-Ausscheiden Zyperns aus der Europäischen beziehungsweise der Währungsunion sei ein klares Zeichen für die Lösungskompetenz in letzter Sekunde, meint Brezinschek.
Auch andere Einnahmequellen
Laut Brezinschek hat die Bankenaufsicht auf Zypern hier offensichtlich versagt. Es könne nicht sein, dass Banken extreme Zinsen bieten, ein hochriskantes Geschäftsmodell fahren und die Bankenaufsicht sieht einfach zu. Das habe es in keinem anderen Land gegeben, so Brezinschek, Zypern sei ein Sonderfall.
Zypern müsse sein Geschäftsmodell ändern, hörte man in den vergangenen Tagen zuhauf. Neben dem Tourismus, der Schifffahrt und dem Hafen sei auch der Energiesektor eine Einnahmequelle für Zypern, sagt Brezinschek. Hier gebe es mit der Türkei einen großen Streit über die Schürfrechte, wo Zypern in der Vergangenheit oft im Alleingang Rechte vergeben habe. Es sei Brezinschek zufolge aber auch möglich, die verarbeitende Industrie - Verarbeitung von Agrarprodukten, Kupfer – breiter aufstellt.