Zypern: Die Gründe der Krise
Der wirtschaftliche Absturz Zyperns ist auch darauf zurückzuführen, dass auf die Schieflage der Banken zu lange nicht reagiert wurde, sagt Bernard Muysik, Professor für Betriebswirtschaft an der Frederik Universität in Nikosia. Er sieht vor allem ein Problem in der Verwaltung, aber auch Chancen, dass Zypern wieder auf die Beine kommt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.3.2013
"Mangel an Regulation und Disziplin"
Es ist nicht die erste Wirtschaftskrise, die Zypern heimsucht. Denn vor der Bankenkrise hat es in den vergangenen Jahren schon eine Börsenkrise und das Platzen der Immobilienblase gegeben. Beides ebenfalls mit fatalen Auswirkungen, sagt Muysik. Er führt das auf "einen Mangel an Regulation, auf mangelhafte Organisation und Disziplin" zurück. Da müsste Zypern etwas lernen, empfiehlt der Wissenschaftler.
Im konkreten Fall hat die Finanzmarktaufsicht versagt. Sie hätte die Schieflage der Banken schon viel früher erkennen und gegensteuern müssen. Allerdings sei die Verwaltung in Zypern dennoch viel besser als etwa in Griechenland. Denn die Briten hätten was Steuereintreibung und Rechtssicherheit anbelangt funktionierende Strukturen aufgebaut, die es in Griechenland nie gegeben hat.
Überraschender Ernst
Im Bereich der Politik gebe es noch ein weiteres Problem: Das traditionelle "jeder gegen jeden". Es fehle der Gemeinschaftssinn, sagt Muysik. Bis jetzt sei man so durchgekommen. Und man habe gedacht, man könne auch mit der EU diverse politische Spielchen spielen und müsse die Drohungen aus Brüssel nicht ernst nehmen. Doch plötzlich hat man es mit einem anderen Gegenüber zu tun – und plötzlich gibt es wirklich Konsequenzen.
Die Folgen für das Land und die Bevölkerung werde in der nahen Zukunft dramatisch sein. Die Arbeitslosigkeit von derzeit 15 Prozent werde weiter steigen, das Bruttonationalprodukt werde fallen, um zehn Prozent dieses Jahr, nächstes Jahr um acht. "Die Anpassung wird sehr schwer sein", so Muysik.
Gelder investieren
Doch es gibt auch viele Möglichkeiten für Zypern sich wieder gut aufzustellen. Das wichtigste sei jetzt einmal, ein Modell zu finden, "dass das Geld hier investiert wird und nicht nur durchfließt". Im Bereich der Technologie gibt es auf Zypern herzeigbare Forschung im Feld der solarbetriebenen Meerwasserentsalzung. Auch der Tourismus auf der von der Sonne verwöhnten Insel könnte deutlich besser ausgebaut werden. Und auch die Finanzdienstleistungsindustrie sei nicht komplett am Ende. Der Uni-Professor verweist auf die zahlreichen Russen, die mit ihren Familien auf Zypern lebten, in Häuser und Schulen investiert und auch kleine Unternehmen hätten.
Trügerische Hoffnung Erdgas
Das große Hoffnungsgebiet vieler Menschen auf Zypern, die Öl und Gasfunde vor der Küste, sieht Professor Musyk nicht so euphorisch, denn die Investitionen für die Gasverflüssigung seien enorm: Das koste fünf Milliarden Euro und man müsse genug Gas geben, damit sich das lohne. Und das sei noch lange nicht sicher. Doch insgesamt habe die Insel das Potenzial sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen. Vor allem viele qualifizierte Arbeitskräfte die mehrere Sprachen sprechen und einen Unternehmergeist den man ohnehin braucht wenn man an so exponierter Stelle auf einer kleinen Insel lebt.