Italien könnte neuer europäischer Patient werden

Wieder einmal braucht Europa viel Geduld mit Italien. Die Wahl im Februar hat ein Patt gebracht, der Chef des Mitte-Links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, scheiterte am Abend mit der Regierungsbildung. Langsam, aber immer sicherer, löst Italien Zypern als Problemfall in der Währungszone ab. Ratingagenturen stellen das Land unter scharfe Beobachtung und die Investoren drehen die Zinsschraube für Anliehen des hochverschuldeten Staates nach oben.

Mittagsjournal, 29.3.2013

Zinsen auf Staatsanleihen steigen wieder

Kaum ein Land in der Eurozone hat sich in den vergangenen Jahren so schwach entwickelt wie Italien. Seit Beginn der Währungsunion vor mehr als zwanzig Jahren liegt das Wachstum im Schnitt bei 0,5 Prozent, der Schnitt der gesamten Eurozone liegt drei Mal höher. Die Aussicht, den Abstand zu verkleinern ist gleich null. Die Staatsverschuldung liegt unverändert bei annähernd zwei Billionen Euro oder 120 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Nach einer kleinen Verschnaufpause steigen die Zinsen auf Staatsanleihen wieder. Das macht die Refinanzierung teurer und den Defizitabbau schwieriger. Den Großteil der Staatspapiere halten italienische Banken. Diese wiederum sind vorsichtig geworden, wenn es um Firmenkredite geht, noch dazu in Zeiten einer Rezession.

Mittelfristig bahnt sich Drama in Italien an

Zehntausende Unternehmen haben in den vergangenen Monaten zugesperrt, die Arbeitslosenquote ist auf über zehn Prozent gestiegen. Zumindest kurzfristig sei die politische Hängepartie für die Wirtschaft nicht Besorgnis erregend, sagt Valentin Hofstätter, Analyst der Raiffeisenbank International. Die Regierung unter dem Technokraten Mario Monti habe einige Weichen gestellt: "Das würde aus jetziger Sicht einmal reichen, um Italien über die Runden zu bringen, das heißt, die Finanzierungsfähigkeit Italiens ist zumindest nicht unmittelbar gefährdet – wenn man irgendeine Form von Regierung im Amt hat."

Mittelfristig, so Hofstätter, bahne sich in Italien jedoch ein Drama an. Unterfangen wie Arbeitsmarktreformen und Liberalisierungsschritte seien gerade einmal angekratzt worden. Wenn Italien hier nicht weitermacht, werde das Land wirtschaftlich weiter zurückfallen und es sei auch nicht absehbar, dass sich etwa der Arbeitsmarkt auf Dauer verbessert, meint der Raiffeisen-Analyst.

EU könnte einschreiten müssen

Aus dem Problemfall Italien könnte somit bald ein Rettungsfall für die Eurozone werden. Noch würden die Investoren abwarten, ob es eine Regierung gibt oder doch Neuwahlen. Sollte Silvio Berlusconi erneut an die Macht kommen, dann bekomme das Land große Finanzierungsschwierigkeiten.

Die EU samt Schutzschirm könnte gefordert sein, sagt Analyst Hofstätter: "Das Gute an diesen Instrumenten ist, dass sie im Prinzip jetzt schon gereicht haben, um Italien über die Runden zu bringen. Man hat es damit zum Beispiel geschafft, die Zinskosten für Italien fast zu halbieren. Es greift also jetzt schon sehr effektiv, aber diese Rettungsmaßnahmen greifen nur bei Ländern, die sich helfen lassen wollen, sprich die bereit sind, die entsprechenden politischen Bedingungen zu erfüllen."

Schon Auswirkungen auf Österreich

Für die Unternehmer bleibt aus Sicht von Valentin Hofstätter die Lage weiterhin ernst. Die Konjunkturprognosen fallen schwach aus. Nicht so, dass Italien in den kommenden Jahren weiter schrumpfen würde, aber die Erholungsbewegung, die irgendwann einmal kommen wird, werde sehr flach ausfallen, sagt Hofstätter, und sie werde kaum Arbeitsplätze oder Investitionen schaffen. So werde sich Italien immer weiter in ein wirtschaftliches Loch eingraben, so der Raiffeisen-Analyst.

Die Krise in Italien wirkt sich bereits unmittelbar auf Österreich aus. Unser Nachbar im Süden ist nach Deutschland der wichtigste Handelspartner. In den vergangenen Monaten sank die Zahl der Exporte nach Italien schon um mehr als fünf Prozent.