Italien: Jetzt wieder Präsident am Zug

In Italien hat sich die politische Krise um eine weitere Drehung zugespitzt. Der Chef der italienischen Sozialdemokraten, Pier Luigi Bersani, ist mit seinem Versuch, eine Regierung zu bilden, vorerst gescheitert. Er hat den Palast von Staatspräsident Napolitano am Abend unverrichteter Dinge verlassen. Nun will Napolitano selbst eingreifen.

Morgenjournal, 29.3.2013

Was will Napolitano?

Man hatte schwierige Verhandlungen erwartet. Aber am späten Abend erschien die politische Situation dann vollends verfahren. Bersani musste dem Staatspräsidenten berichten, dass er nicht imstande war, eine Parlamentsmehrheit für eine arbeitsfähige Regierung zu finden. Und trotzdem hat sich Bersani nicht bereit erklärt, auf seinen Auftrag zu verzichten.

Nach einem langen, offenbar sehr dramatischen Gespräch, tritt der Sprecher des Staatspräsidenten vor die wartenden Journalisten und teilt mit: "Der Präsident der Republik will sich nun unverzüglich selbst ein Bild der Lage machen."

Für den heutigen Karfreitag hat Staatspräsident Napolitano noch einmal alle Parteiführer der Reihe nach zu sich bestellt. Experten und Journalisten haben in den gestrigen Abendsendungen darüber gerätselt, was diese Entscheidung zu bedeuten hat: Wird Staatspräsident Napolitano Bersani den Auftrag lassen und versuchen zu vermitteln? Oder will er die Chancen eines überparteilichen Premierministers ausloten?

Unvereinbare Blöcke

In Italien muss eine Regierungskoalition vor Amtsantritt auf jedem Fall ein Vertrauensvotum übestehn. Fünf Tage lang hat Bersani mögliche Verbündete für eine Regierung gesucht. Es ist ihm aber nicht gelungen, die starre Aufteilung des Parlaments in drei miteinander unvereinbare Blöcke aufzubrechen.

Silvio Berlusconi verlangt für seine Unterstützung einen zu hohen Preis. Er will als Gegenleistung bestimmen, wer im Mai neuer Staatspräsident werden soll. Am liebsten er, Berlusconi, selbst. Auch Neuwahlen sind ihm willkommen. Aktuelle Meinungsumfragen geben ihm gute Chancen diesmal die Linke zu überholen.

Bis zuletzt hat Bersani gehofft, die Unterstützung der Mandatare Beppe Grillos zu bekommen. Viele von ihnen haben einen linken Hintergrund. Aber Grillos Veto war bisher unüberwindbar.

Inzwischen verschlechtern sich die Wirtschaftsdaten wieder dramatisch. Täglich muss Italien höhere Zinsen zahlen, um seinen Finanzbedarf zu decken. Wenn die starren Fronten auch heute nicht in Bewegung geraten, bleibt nur die Hoffnung, dass einmal mehr eine Expertenregierung das Land vor dem finanziellen Absturz bewahrt.