Bersani soll Regierung bilden

Nun soll der Chef der Sozialdemokraten, Pierluigi Bersani, versuchen, Italien aus dem Patt nach der Wahl hinaus zu manövrieren. Staatspräsident Napolitano hat Bersani am Abend beauftragt, nach einer tragfähigen Mehrheit für eine Regierung zu suchen. Ein schwieriges Unterfangen mit ungewissem Ausgang.

Morgenjournal, 23.3.2013

Werben um Grillini

Bersani hat nur in einer Kammer des Parlaments die absolute Mehrheit. Im Senat hat er nur die relative Mehrheit - zu wenig für ein Vertrauensvotum. Bersani wirbt seit zwei Wochen vergeblich um eine Unterstützung der Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos. Die Neuen im Parlament sind schwierige Kost für alle.

Politik und Politiker leiden in Italien unter einem enormen Vertrauensverlust, alle ohne Unterschied, außer einem Einzigen: Staatspräsident Napolitano. Der bald 90jährige Herr auf dem Quirinals-Hügel ist den Italienern politischer, moralischer und nationaler Granat zugleich. Ihn verspotten darf keiner - und genau das hat sich einer aus der Fünf-Sterne-Bewegung erlaubt: Vito Crimi, Fünf-Sterne-Fraktionschef im Senat.

Ausrutscher und Weigerung

Crimi hat Beppe Grillo zu den Sondierungsgesprächen beim Staatsoberhaupt begleitet. Einen Beppe Grillo, der bei der Gelegenheit übrigens zum ersten Mal mit Kravatte zu sehen war. Hinterher hat Crimi bei einem im Internet übertragenen Treffen seinen Mitstreitern erzählt, Beppe sei es gelungen, "den alten Herrn wach zu halten". Im Netz folgt schnell Missbilligung. Und kaum eine Zeitung, die sich nicht darüber empört hat. Crimi hat sich entschuldigt.

Abgesehen von dem Ausrutscher: die Grillini haben es nicht leicht. Sie haben Angst, ihre Unschuld zu verlieren, wenn sie Kompromisse machen. Also legen sie sich lieber quer. Mit einem Regierungsprogramm nach ihrem Geschmack versucht Bersani vergeblich, sie als Verbündete für eine "Regierung der Veränderung", wie er sie nennt, zu gewinnen. "Es ist absolut undenkbar", sagt Vito Crimi gestern zum x-ten Mal, "dass unsere Bewegung Leuten wie Bersani im Voraus das Vertrauen auszuspricht, Leuten, die alles schon einmal versprochen und nicht gehalten haben".

Keine Alternativen

Den Wählern und Anhängern der Fünf-Sterne-Bewegung gefällt das konsequente Nein nur teilweise. Viele plädieren für Pragmatismus. "Jetzt, wo ihr die Möglichkeit habt, etwas zu verändern, nehmt sie doch wahr", ist sinngemäß zu lesen.

Sozialdemokraten-Chef Bersani hat seit gestern den offiziellen Auftrag von Staatspräsident Giorgio Napolitano, im neugewählten Parlament eine tragfähige Mehrheit für eine Regierung unter seiner Führung zu suchen. Wenige geben ihm angesichts der verfahrenen Lage eine Chance.

Silvio Berlusconi - der befürchten muss, ins politische Abseits zu geraten - steht bereit, mit Bersani eine große Koalition zu bilden. Aber diese Variante lehnen Bersani und die Seinen entschieden ab. Und bei Grillo beißt Bersani auf Granit. Da bleibt wenig Spielraum.

Überraschung von Napolitano?

Bersani muss auf jeden Fall mit einer gesicherten Mehrheit zum Staatspräsidenten zurückkehren. Drei Tage hat er Zeit, zu suchen. Kommt er mit leeren Händen, ist das Staatsoberhaupt wieder am Zug. Und Napolitano wird, - darauf kann man wetten, schreibt im Corriere della Sera einer der besten Kenner des Staatmannes im Qurinalspalast - dann selbst eine für alle überraschende Lösung hervorzaubern.